ÖW-Chefin Petra Stolba im Interview. | Imagekampagne soll wieder mehr Deutsche bringen. | "Wiener Zeitung": Sie stehen fast genau zwei Jahre an der Spitze der Österreich Werbung. Was waren für Sie bis jetzt die größten Herausforderungen?
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Petra Stolba: Herausforderungen gibt es jeden Tag. Österreich ist als Tourismusland sehr gut aufgestellt, wir stehen weltweit an neunter Stelle bei den Ankünften aus dieser Branche. Doch wir verlieren Marktanteile. Es herrscht ein starker Verdrängungswettbewerb. Wir müssen die Wertschöpfung des österreichischen Tourismus steigern. Die ÖW macht das Geschäft von morgen und übermorgen, also die Aufbereitung neuer Zielgruppen und Märkte.
Als solche werden immer wieder Zentral- und Osteuropa genannt. Verzetteln wir uns nicht, wenn wir uns auf diese Gruppe fokussieren?
Tatsache ist, dort haben wir wirkliche Chancen, quantitativ zu wachsen. Die russischen Gäste entdecken gerade den Sommer bei uns. Das heißt aber nicht, dass wir nur diesen Markt bearbeiten. Es gibt eine gute Mischung zwischen den neuen und den traditionellen Märkten, wo wir in die Tiefe gehen müssen.
Entfällt der größte Teil des Budgets auf Zentral- und Osteuropa?
Nein, unser Budget ist gleichmäßig verteilt. Wir können es uns nicht leisten, in einem unserer traditionellen Märkte nicht präsent zu sein. Dort ist der Werbedruck sehr hoch. In Deutschland fährt jedes Land millionenschwere Tourismus-Kampagnen.
Bekommen Sie zu spüren, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schwieriger werden?
Ich glaube schon, dass die wirtschaftliche Entwicklung Auswirkungen auf den Tourismus haben wird. Deswegen ist es umso wichtiger, dass die ÖW die Strategie fährt, in den Qualitätstourismus zu gehen.
Welchen Markt trifft es zuerst?
Uns treffen Einbrüche an den Nahmärkten. Deswegen widmen wir uns sehr stark dem deutschen Markt. Die neun Landestourismusorganisationen und die ÖW werden im ersten Quartal 2009 gemeinsam eine Image-Kampagne in Deutschland starten. Dies passiert in dieser Form das erste Mal. Wir wollen gemeinsam Marktanteile zurückerobern. Wachsen können wir nur, wenn wir besser abgestimmt sind.
Wie teilen Sie sich die Finanzierung auf?
Das wird gerade besprochen. Fix ist, jeder der Partner wird frisches Geld dafür in die Hand nehmen. Derzeit reden wir von einer Million Euro, das könnte aber noch mehr werden.
Woran hapert es in Deutschland?
Es hapert nicht, der Wettbewerb ist sehr groß. Die Welt ist geschrumpft - es ist leicht geworden, in die Ferne zu reisen. Außerdem wächst der Binnentourismus. Diese Image-Kampagne soll Österreich als Urlaubsland vor der Haustür positionieren - mit Aspekten wie umweltschonendes Reisen, Sicherheit und intakte Natur.
Wie stehen Sie zu einem immer wieder diskutierten Tourismusministerium?
Wir haben einen Tourismusminister, nämlich den Wirtschaftsminister. Tourismus ist eine Querschnittsmaterie, man muss sich fragen, was kann ein Ministerium aufgrund der Kompetenzlage - Tourismus ist Ländersache - erreichen, was nicht schon jetzt erreichbar ist. Ich habe bisher noch niemanden getroffen, der mir den Mehrwert erklären konnte.
Sollte es ein Ministerium geben oder eine Staatssekretariat, wäre der Chefposten dort etwas für Sie?
(lacht) Eine lustige Frage! Daran habe ich noch nie gedacht. Nein, ich arbeite lieber hier, ich habe noch so viele Pläne. Mein Vertrag endet erst in drei Jahren.
Wo möchten Sie dann stehen?
Ich möchte, dass der österreichische Tourismus global wettbewerbsfähig ist. Es wird nicht leichter werden für die Dienstleistungsbranche, dazu gehört der Tourismus auch. Die meisten glauben, es reicht, in der grünen Schürze da zu stehen und Zimmer frei zu rufen. Doch heute ist das anders, der Tourismus ist ein hoch industrialisierter Wirtschaftszweig.
Warum hat der Tourismus als Arbeitgeber ein schlechtes Image?
Die Branche hat zwar beliebte Lehrberufe, aber diese sind gesellschaftlich wenig anerkannt. Das verstehe ich nicht, denn es sind tolle Jobs. Man gestaltet für Menschen deren schönste Zeit im Jahr mit.
Auch die Möglichkeit, international Karriere zu machen, gehört konsequenter vermittelt.
Könnte auch die Bezahlung eine Rolle spielen?
Das Problem ist nicht die Bezahlung, sondern die Saisonalität. Deshalb hat man wechselnde Arbeitskräfte, und deshalb investieren die Arbeitgeber weniger in Weiterbildung. Daher muss man in Richtung Ganzjahrestourismus arbeiten.
Wissen
Die Österreich Werbung (ÖW) ist die nationale Tourismus-Marketingorganisation. Sie ist derzeit in 40 Ländern präsent. Die ÖW finanziert sich hauptsächlich durch öffentliche Mittel, fährt aber auch eigene Einnahmen ein. Sie ist ein Verein, dessen Mitglieder Wirtschaftsministerium und Wirtschaftskammer sind.
Zur Person
Petra Stolba wurde am 3. Oktober 1964 in Wien geboren. Sie studierte Publizistik und Politikwissenschaften. Seit 1990 ist sie in verschiedenen Bereichen im Tourismus tätig - unter anderem bei Volksbank Reisen, im Wirtschaftsministerium und in der Wirtschaftskammer. An der Spitze der ÖW steht sie seit November 2006.