Verkehrsminister Leichtfried geht gerichtlich gegen deutsche Pkw-Maut vor.
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Wien. Ausländer müssen zahlen, Inländer nicht: Da die im März beschlossene, deutsche Pkw-Maut de facto auf diese "indirekte Diskriminierung" hinauslaufe, habe Österreich "definitiv vor, zu klagen", sagte Verkehrsminister Jörg Leichtfried der "Passauer Neuen Presse". Denn deutsche Autobesitzer erhalten den Mautbetrag mit der Kfz-Steuer gegenverrechnet -ausländische Autobahnbenutzer nicht. Die Einleitung eines Verfahrens werde bereits vorbereitet, so Leichtfried.
Damit macht der Minister seine Ankündigung wahr, eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen das Nachbarland einzubringen, sobald die EU-Kommission das seit Juni 2015 laufende Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingestellt hat. Letzteres ist Mitte Mai passiert, nachdem Deutschland das Gesetzespaket zur Infrastrukturabgabe im Sinne der EU-Kommission abgeändert hatte und ausländische Fahrer nun günstigere Kurzzeitvignetten kaufen können. Deutsche Besitzer umweltschonender Fahrzeuge erhalten zudem mehr als die Mautkosten von der Kfz-Steuer zurück. Die von der bayerischen CSU propagierte Pkw-Maut, die jedes Jahr gut 500 Millionen Euro durch die Beiträge der Ausländer bringen soll, verstoße somit noch immer gegen EU-Recht, sagt Leichtfried.
Am Mittwochnachmittag wurde das Thema bei einer Vorbesprechung in Luxemburg mit europäischen Ministerkollegen aus Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Tschechien beredet. Was die Klage betrifft bleiben diese Länder vorerst zurückhaltend. Heute, Donnerstag, tagt der EU-Verkehrsministerrat.
"EU-Kommission istauch ein politisches Organ"
Österreich, also das Wiener Bundeskanzleramt, werde aber auf jeden Fall klagen, betonte Leichtfried, auch wenn es keine Allianz geben sollte. Bis es so weit ist, müsse man nur noch ein dreimonatiges "Mediationsverfahren" bei der EU-Kommission abwarten, bei der aller Voraussicht nach ohnehin keine positive Vermittlung gelingen werde.
"Ich gehe prinzipiell davon aus, dass die deutsche Regelung soweit den europäischen Rechtsvorschriften entspricht, wenn sie von der Kommission toleriert wurde", sagt dazu Heinz Miko von der Vertretung der EU-Kommission in Österreich. Europarechtsexperte Walter Obwexer, der Leichtfried empfohlen hatte, zu klagen und ein Gutachten erstellt hat, ortet auch nach den Änderungen des Gesetzespaketes eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Warum die Kommission das Vertragsverletzungsverfahren einstellte, erklärt Obwexer so: "Die EU-Kommission ist natürlich auch ein politisches Organ. Wenn aus ihrer Sicht nichts dagegen spricht, obwohl vieles nicht dem Unionsrecht entspricht, kann sie das machen."
Die Maut gilt für Autos und Wohnmobile in Deutschland. Für ausländische Fahrzeughalter wird sie auf Bundesstraßen ausgesetzt. Deutsche müssen eine Jahresvignette kaufen, die für Bundesstraßen und Autobahnen gilt. Je nach Wagen-Typ und Schadstoffausstoß kann sie bis zu 130 Euro kosten. Allerdings werden die deutschen Halter über die Kfz-Steuer in mindestens gleicher Höhe wie der Maut-Beitrag wieder entlastet. Ausländische Halter können statt der Jahresvignette auch Kurzzeitvignetten zwischen zehn Tagen und zwei Monaten kaufen. Die Gebühr wird über eine elektronische Vignette kassiert, das Kennzeichen gespeichert und bei Kontrollen elektronisch überprüft.
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