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An der österreichischen Stromlösung wird fieberhaft gearbeitet. Das Ultimatum, das sich die Verhandler gesetzt haben, läuft Ende April aus. Mancher Brancheninsider glaubt, dass die heimische Stromwirtschaft einem Zusammenschluss noch nie so nah war wie jetzt, andere sehen in den persönlichen Animositäten der Vorstände von Verbund und EVN eine unüberbrückbare Hürde. Negative Folgen hätte der Zusammenschluss voraussichtlich für die neue Grazer Strombörse EXAA.
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Die Liberalisierung macht Unmögliches möglich. Der Markt regiert sogar über physikalische Gesetze: An der Börse kann auch mit Strom gehandelt werden. Die Grazer Strombörse EXAA will sich als Marktplatz etablieren und sucht dringend nach weiteren Teilnehmern. Ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen zur österreichischen Stromlösung könnte das steirische Prestigeprojekt in Probleme stürzen. "Die Österreich-Lösung wäre ein dickes Minus für die Grazer Energiebörse." Gerhard Langeder, Leiter des Strom- und Gasgeschäftes des Energiehändlers PVM-Wien, beurteilt die Lage jetzt schon als prekär. Der Zusammenschluss von Verbund und Energie Allianz (Wien Energie, EVN, Linz AG, Bewag/Begas und Energie AG OÖ) könnte der Strombörse einen Einbruch im ohnehin mageren Handel bescheren.
Denn derzeit ist der Verbund ein wesentlicher Player auf der Plattform. Sollte die Österreich-Lösung tatsächlich gelingen, dann würde der Verbund mit den neuen Partnern eine gemeinsame Stromhandelsgesellschaft aufbauen. Außerdem wird daran gedacht, alle Kraftwerke gemeinsam zu steuern. Das Ergebnis: Wenig überschüssige Energie, die über den freien Markt verkauft werden muss. Zu Zeiten, da Wasserkraft verfügbar ist, werden die kalorischen Kraftwerke zurückgefahren - und umgekehrt. Dieses System der Energieerzeugung - gekoppelt mit gemeinsamer Steuerung - hätte, so Langeder, negative Auswirkungen auf die EXAA. "Die Energieversorger haben dann kaum Notwendigkeit für den Stromhandel an der Börse."
Der Vorstand der Energy Exchange Austria (EXAA), Ludwig Nießen, sieht die Angelegenheit anders. Er hofft, dass die Energie Allianz, das größte heimische Strombündnis, das Graz bisher die kalte Schulter gezeigt hat, auch Mitglied der Börse wird. "Alles andere wäre für uns unvorstellbar." Es gab Verhandlungen mit EVN-Direktor Rudolf Gruber, der Interesse signalisiert hat. Die Allianz sei so und so nicht gänzlich draußen. Über die Energie AG - sie ist nun Allianz-Partner und Marktteilnehmer an der Börse - ist der wichtigste Stromversorgerblock Österreichs zumindest mittelbar ins Marktgeschehen eingebunden.
Das Argument, dass "wir Atomstrom aus unseren Netzen verbannen können", sofern es gelingt, die heimische Stromversorgerfusion über die Bühne zu bringen, hält Nießen für unzulässig. Noch dazu, wo all jene, die gegen Atomstrom wettern, eben jenen auch an ausländischen Börsen zukaufen. "Wenn die Österreich-Lösung zustandekommt, dann nur aus ökonomischen Gründen."
Eine bessere Abstimmung der Stromproduzenten ist sicher sinnvoll. Je geringer aber der Bedarf an außerordentlichen Megawattstunden, umso schlechter läuft das Geschäft am Grazer Strommarkt, der sich vor allem der heimischen Wasserkraft verschrieben hat.