Botschaften in Estland, Lettland und Litauen werden laut Außenminister Kurz aufgrund fehlender wirtschaftlicher Zusammenarbeit geschlossen - dafür in Georgien und der Republik Moldau eröffnet, wo der Außenhandel noch geringer ist.
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Wien. "Der Botschaft kommt in allen Bereichen der auswärtigen Beziehungen eine zentrale Rolle zu": für die Österreicher, Wirtschaft und Politik, Wissenschaft und Kultur und Österreich als Gastland. So formuliert es das Außenministerium auf seiner Webseite. Auf diese Rolle verzichtet Österreich in Zukunft völlig in den baltischen Staaten: Bis 2018 werden die Botschaften in Estland, Lettland und Litauen geschlossen, gab Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag bekannt. Man wolle deren Agenden künftig von Wien aus oder nahegelegenen Destinationen wie dem schwedischen Stockholm betreuen. Auch die Vertretung auf Malta wird aufgelassen.
Stutzig macht die Begründung des Ministers. Die zu schließenden Vertretungen seien in puncto konsularischer Tätigkeit und wirtschaftlicher Zusammenarbeit "weit abgeschlagen" gewesen, sagt Kurz. Um genau dem entgegenzutreten, reiste Bundespräsident Heinz Fischer erst 2014 nach Estland und Lettland; mit ihm Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, Familienministerin Sophie Karmasin und eine Wirtschaftsdelegation.
Autokratie statt Demokratie
Die Wirtschaftsbeziehungen österreichischer Firmen in der Region sind tatsächlich überschaubar. Sie exportierten laut WKO im Jahr 2013 nach Estland und Lettland Waren im Wert von je rund 150 Millionen Dollar sowie nach Litauen von 297 Millionen Dollar. Diese Exporterlöse liegen jedoch deutlich über jenen in der Republik Moldau (98 Millionen Dollar) und Georgien (61 Millionen Dollar), wo Österreich neue Botschaften eröffnen wird. Lediglich in Weißrussland, wo ebenfalls eine neue Vertretung geplant ist, liegt man mit Exporterlösen in Höhe von 345 Millionen Dollar über jenen der baltischen Länder.
Politisch und wirtschaftlich sind Estland, Lettland und Litauen die drei mit Abstand stabilsten Länder in der ehemaligen Sowjetunion, in denen sich auch ein Rechtswesen nach westeuropäischem Vorbild herausgebildet hat. Stattdessen residiert man künftig in drei anderen Ex-Sowjetrepubliken, die andere Entwicklungen genommen haben: Weißrussland wird weiter vom Autokraten Alexander Lukaschenko regiert, die Republik Moldau ist das ärmste Land Europas, leidet unter Oligarchen, einer korrupten Polit-Kaste und dem eingefrorenen Transnistrien-Konflikt. Und der georgische Westkurs ebbt ab. "Redimensionierung in der EU" nennt Kurz den neuen Kurs. Dieser geht aber einseitig zulasten der Balten.