Irans Ölminister im Exklusivinterview. | "Ein Land mit 16 Prozent der Gasreserven kann man nicht einfach ignorieren." | "Wiener Zeitung": Sie kommen gerade von der Opec-Konferenz, bei der der Iran federführend war. Was kam konkret heraus?*
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Gholamhossein Nozari: Es war eine sehr heikle Zeit in Wien. Wir hatten zwei Konferenzen, eine davon mit dem Titel Marktmonitoring wurde vom Iran geleitet. Die Opec-Staaten haben keine Mühen und Zeit gescheut, ein vernünftiges Ergebnis zu erzielen. Erfreulicherweise konnten wir Iraner durchsetzen, dass das Kartell die reale Förderquote leicht senkt. Der Markt ist überversorgt, und die Nachfrage leidet unter der schwächelnden Konjunktur.
Sie waren also Sprachrohr jener Staaten im Kampf der Kleinen gegen die Großen im Ölkartell, die Angst vor einem Preisverfall und sinkenden Staatseinnahmen haben?
Alle Zahlen zeigen, dass der Markt ausreichend mit Öl versorgt ist, und der Preis zeigt, dass das Angebot größer als die Nachfrage ist. Deswegen mussten wir rasch handeln und die Förderung drosseln.
Nun zum Iran: Niemals seit Beginn der Revolution gab es so viele Öleinnahmen im Staatshaushalt. Heuer etwa rechnet man mit 70 Milliarden Dollar. Warum geht es der iranischen Wirtschaft dennoch schlecht? Funktioniert die Umverteilung nicht?
Wir haben trotz des Drucks und der ungerechten Sanktionsmaschinerie heuer ein Wirtschaftswachstum von 6 Prozent, und ich verspreche Ihnen, dass schon an einer raschen Verbesserung der allgemeinen Wirtschaftslage gearbeitet wird.
Der Iran setzt - nachdem die europäischen Staaten sich wirtschaftlich etwas abgewendet haben - zunehmend auf Asien und Lateinamerika .. .
Wir haben sehr viele Möglichkeiten. Fakt ist, dass die Europäer gesehen und gespürt haben, dass die Sanktionen total nutzlos sind. Obwohl drei Resolutionen und unzählige Warnungen und Druck auf dem Iran lasten, hat die Islamische Republik noch nie so viele Neuverträge wie heuer abgeschlossen. Sehen Sie sich Länder wie Indien, Pakistan, die Schweiz und Venezuela an.
In diesem Sinne möchte ich auch auf das Nabucco- Projekt mit der OMV zu sprechen kommen. Hier müssen sich die Österreicher beeilen und den Status der Vorverträge in den Status von Verträgen umwandeln. Denn die Zeit drängt, und wir werden nicht ewig warten.
Sie sind optimistisch, dass das Geschäft positiv abgeschlossen wird?
Ja, absolut. Schauen Sie, alle haben erkannt, dass das Nabucco-Projekt ohne den Iran nicht funktionieren kann. Ein Land mit 16 Prozent der weltweiten Gasreserven kann man nicht einfach so ignorieren. Außerdem sehe ich anhand der laufenden Gespräche, dass die Österreicher sehr interessiert sind, das Projekt zu einem glanzvollen Abschluss zu bringen. Europa braucht den Iran und Österreich sollte mit seinen ausgezeichneten Verbindungen zu uns ein Zeichen setzen.
Irans oberster Revolutionsführer Ali Khamenei hat Ihrer Regierung jüngst eine Rüge erteilt: Die Wirtschaftslage sei katastrophal, und die Regierung müsse dringend handeln. Ein Zeichen von großer Unzufriedenheit?
Der Führer hat die Aufgabe, die roten Linien des Staatsapparates vorzugeben. Es gab schon für jede Regierung Äußerungen der Besorgnis seitens des Führers. Das Wohl der Menschen liegt ihm sehr am Herzen. Gleichzeitig möchte ich aber auch darauf verweisen, dass er diese Regierung in sehr vielen anderen Belangen sehr gelobt hat.
Zur Person
Gholamhossein Nozari ist seit rund 11 Monaten (anfangs vorübergehend) iranischer Ölminister im Kabinett von Präsident Mahmoud Ahmadinejad. Als Kenner der internationalen Ölmärkte arbeitete er zuvor jahrelang als leitender Beamter im Ölministerium. Zuvor war er Direktor der Nationalen Ölgesellschaft NIOC.