"Wir stehen in der Mitte." So jedenfalls sieht Außenministerin Benita Ferrero-Waldner die Position Österreichs im Irak-Krieg. Die Außenministerin unterstützt zwar die Meinung von UNO-Generalsekretär Kofi Annan, der die Legitimität einer militärischen Aktion ohne UNO-Mandat in Frage stellt, das bedeute aber nicht, dass Österreich den Angriff der USA und Großbritanniens als völkerrechtswidrig ansehe. Am Abend einigten sich die vier Parlamentsparteien im Nationalen Sicherheitsrat einstimmig auf einen gemeinsamen Beschluss zum Irak-Krieg.
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Zwar werden die USA in dem Papier nicht direkt erwähnt; allerdings hält der Nationale Sicherheitsrat fest, dass es zur Legitimation eines Militärschlags gegen den Irak eines UNO-Beschlusses bedurft hätte und bedauert, "dass es ohne Ermächtigung des Weltsicherheitsrats zu einer militärischen Aktion gegen den Irak gekommen ist und dass die friedliche Entwaffnung des Irak damit nicht möglich war".
Schärfere Formulierungen, wie sie zuvor SPÖ und Grüne gefordert hatten, fanden damit keine Mehrheit. Die SPÖ wollte in ihrem Resolutionsentwurf feststellen, dass der Irak-Krieg eine "Verletzung des Völkerrechts" darstellt. Die Grünen wollten immerhin noch festhalten, dass der Militäreinsatz "ohne völkerrechtliche Legitimierung" vonstatten gehe.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel betonte nach der Sitzung, ein einstimmiger Beschluss des Sicherheitsrats sei bedeutsam, da Österreich damit in einer schwierigen Situation mit einer Stimme spreche. Auf die Frage, warum der Sicherheitsrat keine direkte Kritik an den USA übt, meinte Schüssel, die Ursachen für den Krieg lägen "zu einem großen Teil bei Saddam Hussein und dessen Nichterfüllung von Auflagen". Außerdem betonte Schüssel, das natürlich nicht nur UNO-Resolutionen zum Irak, sondern auch die Resolutionen zum Nahost-Konflikt beachtet werden müssten.
Der gestrige All-Parteien-Beschluss fordert weiters die Beibehaltung der kurdischen Autonomie im Nordirak und hält die Türkei dazu an, jede militärische Aktion in der Region zu unterlassen. Außerdem sieht die Resolution den Schutz der Minderheiten und die Leitung des irakischen Wiederaufbaus durch die UNO vor.
Die Außenministerin meinte im Vorfeld der Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates, es obliege dem Weltsicherheitsrat, eine gültige Interpretation zur völkerrechtlichen Legitimität des US-Vorgehens zu treffen. Österreich sei aber dort kein Mitglied. Die "Position in der Mitte" sei auch wichtig, weil Österreich auf diese Weise versuchen könnte, die "unterschiedlichen Meinungen von EU- Mitgliedsländern aneinander zu bringen".
Die Klubobmänner von ÖVP und FPÖ, Wilhelm Molterer und Herbert Scheibner, hatten in einer Pressekonferenz im Vorfeld keine offizielle Einschätzung zu einer möglichen Völkerrechtswidrigkeit des Irak-Krieges vornehmen wollen. So meinte etwa Scheibner, die Frage sei sehr sensibel. Denn würde man eine Völkerrechtswidrigkeit feststellen, hätte das Auswirkungen auf jene Länder, die sich beteiligen: "Da ist nicht die Türkei angesprochen." Damit wollte der FP-Klubchef andeuten, dass Länder wie Polen oder Tschechien, sollte eine Völkerrechtswidrigkeit festgestellt werden, dann als dem Völkerrecht zuwider handelnde Staaten betrachtet werden müssten. Das würde bedeuten, dass diese Länder nicht der EU beitreten könnten.
Molterer wollte diese Frage gar nicht erst aufkommen lassen: Er geht davon aus, dass die Beitrittsverträge in Athen wie geplant signiert werden.