Wien beharrt auf Genmais-Embargo. | WTO-Frist bis 21. | November. | Prölls Mehrheit äußerst fraglich. | Brüssel. Diesmal wird es für Österreich nicht leicht, seine Importverbote für gentechnisch veränderte Maissorten zu verteidigen. Denn bei ihrem dritten Anlauf zur Aufhebung in nur drei Jahren schwingt die EU-Kommission beim Treffen der EU-Umweltminister am Dienstag die WTO-Keule. Sind die österreichischen Verbote nicht bis 21. November Geschichte, könnten die USA unmittelbar horrende Strafzölle gegen die EU und ihre Mitgliedsstaaten verhängen. Die finanziellen Auswirkungen wären enorm.
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Experten rechnen im Ernstfall mit mehreren Hundert Millionen Euro Schaden für die EU-Exporteure beim Handel mit den USA. Die haben die Union nämlich gemeinsam mit Kanada und Argentinien bei der Welthandelsorganisation angezeigt. Das zuständige WTO-Gremium hat entschieden, dass die Importverbote für die Genmaissorten Mon810 vom US-Biotech-Riesen Monsanto und T25 aus dem Bayer-Konzern tatsächlich regelwidrig sind. Nicht nur Österreich, sondern die gesamte Union müsste die Konsequenzen tragen, heißt es in Brüssel.
Diese Argumentation dürfte einige Wirkung gezeigt haben, noch selten seien so viele Länder unentschieden vor einer Gentechnik-Abstimmung gewesen, hieß es. Die qualifizierte Mehrheit gegen die EU-Kommission sei äußerst fraglich. Ohne die nötige Mehrheit hat die Brüsseler Behörde freie Hand und wird die österreichischen Verbote wohl aufheben.
Import von Futtermitteln
Allerdings hat sie diesmal einen differenzierteren Vorschlag auf den Tisch gelegt als bisher: Nur die österreichischen Importverbote für Vorprodukte für die Futtermittelerzeugung sollen fallen, die parallel dazu existierenden Importverbote für den Anbau dagegen vorerst nicht angetastet werden. Dieser Lösung sollen intensive Verhandlungen im Hintergrund zwischen Österreich und der Kommission vorangegangen sein. Der zuständige Umweltkommissar Stavros Dimas gilt ohnehin als recht Gentechnik-kritisch, soll mit dieser Linie intern allerdings bereits unter Beschuss geraten sein.
So bleibt auch das Umweltministerium in Wien skeptisch: Es müsse sichergestellt werden, dass der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen auch in Zukunft ausgeschlossen bleibe, sagte ein Sprecher von Umweltminister Josef Pröll. Die "Salamitaktik" der Kommission zur Aushebelung der Verbotsverordnungen werde "sehr kritisch" gesehen. Hintergrund ist, dass Österreich im Falle des Anbaus wegen seiner kleinteiligen Landwirtschaft mit hohem Bio-Anteil die Durchmischung mit den modifizierten Feldfrüchten befürchtet.
So soll Österreich vor der Abstimmung der Umweltminister noch einmal alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, doch noch eine qualifizierte Mehrheit gegen den Anlauf der EU-Kommission zu finden. Und es habe durchaus einige Argumente in Richtung WTO-Konformität auf seiner Seite, hieß es in EU-Kreisen. Schließlich sind bereits gentechnisch veränderte Futtermittel - vor allem auf Sojabasis - im Land zugelassen und selbst der Markt für Lebensmittel aus modifizierten Grundstoffen ist theoretisch geöffnet. Die müssen lediglich entsprechend etikettiert werden. Dass sie dennoch nicht in den Supermarktregalen zu finden sind, liegt an einem Boykott der Gentechnikwaren durch den österreichischen Einzelhandel.
Darüber hinaus bezweifeln manche, dass die USA als Hebel für den Zutritt zum relativ kleinen österreichischen Markt tatsächlich einen Handelskrieg mit der EU anfangen würde. Wie stark jedoch die Pro-Gentechnik-Front ist, zeigen kolportierte Probleme Dimas mit seinen Kommissionskollegen. Die setzen ihm angeblich zu, weil er zögert, die Antibiotika-resistenten BASF-Generdäpfel EH92-527-1 endlich für den Anbau freizugeben.