Kritik aus Wien an EU-Kommission. | Warten auf Entscheidung der EU-Regierungschefs. | Brüssel. Nur gut einen Monat vor dem entscheidenden EU-Gipfel tritt Österreich für eine Pause der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ein. Sie orte einen "expliziten Nicht-Willen" der Türkei, die Zollunion mit dem Mitgliedsstaat Zypern umzusetzen, sagte Außenministerin Ursula Plassnik bei einem Treffen mit ihren EU-Amtskollegen. Genau das verlangt die EU aber ultimativ von Ankara. Wenn sich die türkische Seite nicht bewege, könne es auch keine Bewegung auf EU-Seite geben. Sie orte bereits jetzt einen "De-facto-Stillstand" der Beitrittsverhandlungen, erklärte Plassnik. Es sei daher "vielleicht klug, eine Atempause einzulegen".
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Dass die EU-Kommission bei der Präsentation ihres Fortschrittberichts über die Türkei keine Empfehlungen für die Folgen der Versäumnisse abgegeben habe, bedaure sie sehr, sagte die Ministerin. Schließlich müssen die Staats- und Regierungschef Mitte Dezember über eine teilweise oder komplette Unterbrechung der Beitrittsgespräche entscheiden. Noch vor dem nächsten Außenministertreffen im Vorfeld des EU-Gipfels müssten daher die möglichen Szenarien präsentiert werden, verlangte Plassnik. Denn "eine konstruktive politische Debatte braucht Zeit". Bisher plane die Kommission, ihr Papier lediglich kurz den Außenministern vorzustellen und die Sache dann allein den Staats- und Regierungschefs zu überlassen, hieß es in Delegationskreisen.
Polen blockiert
Russland-Gespräche
Zäh verlaufen auch andere Verhandlungen: Polen hält die Blockade der Gespräche mit Russland über ein neues erweitertes Partnerschaftsabkommen aufrecht. Wie die "Wiener Zeitung" berichtete will Warschau, dass Russland vor Verhandlungsbeginn die Energiecharta ratifiziert - die EU-Unternehmen den Zugang zu russischen Energieressourcen erleichtern soll - und Beschränkungen für polnische Fleischexporte aufhebt. Während ersteres aussichtslos ist, gibt es für die zweite Bedingung breites Verständnis. Die von Russland als Grund angeführten tiermedizinischen Bedenken werden weithin als Vorwand angesehen.
Allerdings handle es sich dabei um ein bilaterales Problem, erläuterte Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. Die EU habe für Exporte keinerlei Kompetenzen, versuche aber zwischen Polen und Russland zu vermitteln. Die EU-Botschafter werden sich morgen, Mittwoch, wieder mit der Blockade der Russland-Gespräche beschäftigen.
Eine denkbare Variante beim Fleischproblem könnte die Zusage an Polen sein, das Thema gegenüber Russland bei den Verhandlungen anzusprechen. Dafür müsste Warschau jedoch zuvor das Verhandlungsmandat freigeben.