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Österreich zögert bei der Umsetzung

Von Georg Friesenbichler

Europaarchiv

Skepsis gegenüber der EU-Richtlinie. | Bures verspricht: Deutsche Maßstäbe werden eingehalten. | Wien. "Ziel sollte die Aufhebung dieser EU-Richtlinie sein", sagt Johann Maier, Vorsitzender des österreichischen Datenschutzrates. Der Spruch der deutschen Verfassungsrichter zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung, im EU-Jargon "Data Retention", liefert ihm dafür willkommene Argumente - obwohl er bedauert, dass sich das Gericht auf die Umsetzung der EU-Direktive in Deutschland beschränkt hat.


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Es sei schade, dass man in Karlsruhe nicht die Übereinstimmung mit den vom Lissabon-Vertrag gestärkten europäischen Grundrechten geprüft und auch die Befassung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) mit dieser Frage abgelehnt habe, sagt Maier zur "Wiener Zeitung". Er hofft nun auf die grundlegende Überprüfung der EU-Richtlinie, die Justizkommissarin Viviane Reding noch für dieses Jahr angekündigt hat.

Der Salzburger, der auch als SPÖ-Konsumentensprecher fungiert, sieht wie seine Parteikollegin Doris Bures Österreich "auf dem richtigen Weg", weil es die Richtlinie möglichst restriktiv, das heißt mit größtmöglichem Schutz persönlicher Daten, umsetzen will. Bisher ist ein österreichisches Gesetz dazu ausständig, was dem Land wie vielen anderen Staaten eine Klage der EU-Kommission beim EuGH eingebracht hat. "Wir haben uns bewusst Zeit genommen", meinte nun Infrastrukturministerin Bures, die gleichfalls für eine Revision auf europäischer Ebene plädiert.

Den Gesetzesentwurf hatte sie erst im November 2009 zur Begutachtung ausgeschickt. Er sieht die Verwendung von Daten nur für die Aufklärung von schweren Straftaten und nur mit gerichtlicher Anordnung vor. Trotzdem kam Kritik von Standes- und Branchenvertretern. So kritisierte der Österreichische Rechtsanwaltskammertag den Eingriff in die anwaltliche Verschwiegenheit. Die Ärztekammer sah das Vertrauensverhältnis mit den Patienten in Gefahr, der ORF-Redakteursrat sprach von einer Gefährdung der Pressefreiheit.

Um Strafzahlungen zu vermeiden, bleibe derzeit aber keine andere Möglichkeit, als weiter an der Umsetzung zu arbeiten, sagte Bures nach dem Karlsruher Spruch. Diese Argumentation konnten die Oppositionsparteien, die alle das Urteil begrüßten, nicht nachvollziehen. FPÖ, BZÖ und Grüne forderten dazu auf, die Umsetzung zu stoppen.

Bures versprach indes, "dass die Grenzen, die der deutsche Verfassungsgerichtshof gezogen hat, bei der österreichischen Umsetzung auf jeden Fall eingehalten werden." Damit sei auch garantiert, dass die "maßlosen Forderungen" aus dem Justiz- und Innenministerium nicht umgesetzt werden, ergänzt Maier im Gespräch.

Im Gesetzesentwurf werden die "schweren Straftaten" nicht definiert, dies sollte das Justizministerium im Zuge der Strafprozessordnung tun. Dieses will aber wie das Innenministerium den Zugriff schon bei Delikten mit einer Strafdrohung ab einem Jahr Haft ermöglichen. Darunter würden etwa auch Urheberrechtsverletzungen oder Kleinkriminalität fallen, wie Maier erläutert.

Siehe auch:Enge Leitplanken für eifrige Datensammler

+++ Die EU-Richtlinie

+++ Karlsruhe gegen offenen Datenpool