Beim letzten Treffen der EU-Außenminister vor der Sommerpause haben sich vor allem die Österreicher als Kritiker des vorliegenden Verhandlungsrahmens für die Türkei gezeigt. Verhandelt wird darüber im Herbst, abgestimmt wohl erst unmittelbar vor dem geplanten Gesprächsbeginn am 3. Oktober.
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Der britische EU-Vorsitz habe "keinen Substanzdebatte" über den Verhandlungsbeginn mit den Kandidatenländern Türkei und Kroatien "für sinnvoll gehalten", erklärte die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik. Inhaltliche Diskussionen wurden wie erwartet auf das Treffen der Außenminister Anfang September verschoben. Lediglich Plassnik und ihr zypriotischer Kollege meldeten sich zu Wort. Vorgeprescht war allerdings - wie schon beim Treffen der EU-Außenminister im Juni - Finanzminister Karl-Heinz Grasser: Es sei "falsch, einen türkischen Vollbeitritt zu verhandeln", meinte er zur "Financial Times". Damit spricht er seinen Landsleuten offenbar aus der Seele: Dass "die Türkei in der Zukunft ein Teil der EU" wird, wollen laut einer Eurobarometer-Umfrage nur zehn Prozent, 80 Prozent sind dagegen. Damit ist Österreich mit Abstand am skeptischsten unter den alten Mitgliedsstaaten. In Deutschland und Frankreich sind immerhin 21 Prozent dafür und 74 bzw. 70 Prozent dagegen. Die Zustimmung liegt im EU-weiten Schnitt bei 35 Prozent.
Für Österreichs Regierung gäbe es "keinen Grund, die Haltung zu ändern", beschwichtigte Plassnik. Kernpunkte seien "die Offenheit des Verhandlungsprozesses" und die "Aufnahmefähigkeit" der EU. "Am Ende eines sehr langen Prozesses kann es einen Beitritt geben, aber es muss keinen Beitritt geben." Sie hielte es daher für "klug", Alternativen zum Vollbeitritt "ausdrücklich anzusprechen". Diese Faktoren seien bei der Festlegung des Verhandlungsrahmens zu reflektieren.
Zypern urgierte lediglich die noch fehlende Unterschrift unter das Zusatzabkommen zum Ankara-Protokoll. Dies erwartet Erweiterungskommissar Olli Rehn für die "nächste Zeit". "Wir wollen die Verhandlungen am 3. Oktober beginnen", bekräftigte auch Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. "Den Ausgang der langen und schwierigen Reise" könne sie aber "nicht garantieren".
Siehe auch:
Kontroverse in Regierung zu EU-VerfassungGrasser-Aussagen irritieren Regierung und Opposition