Sie tut keinem Fisch etwas zuleide, benötigt keine hochaufwendigen Kraftwerksbauten und soll auch dann noch rentabel Strom erzeugen, wenn herkömmliche Turbinen gar nicht eingesetzt werden können: Die vom Wiener Adolf Brinnich erfundene Staudruckmaschine erfüllt alle Kriterien, um die Wasserkraftnutzung zu revolutionieren. Bei der Umsetzung seiner Erfindung blies ihm jahrelang ein strenger Wind ins Gesicht - doch nun hat sich laut Brinnich das Blatt gewendet.
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Bereits vor drei Jahren stellte die "Wiener Zeitung" eine "heimische Superturbine" vor, die "die Stromerzeugung aus Kleinwasserkraft revolutionieren könnte".
Tatsächlich hören sich die Vorteile der im April 1999 zum Patent angemeldeten "Staudruckmaschine" unglaublich an: Völlige, gefahrlose Durchgängigkeit für Fische, andere Wasserlebewesen und Geschiebe, wirtschaftliche Nutzung bei bereits geringen Fallhöhen, die mit herkömmlichen Turbinen nicht möglich ist, und Gesamtherstellkosten von nur etwa zehn bis 30 Prozent zu vergleichbaren Turbinenanlagen. Der Grund dafür ist, dass die Staudruckmaschine keinen aufwendigen Wasserbau benötigt.
Probleme gelöst
Nun scheint die Zeit reif zu sein, die Erkenntnisse groß angelegt in die Praxis umzusetzen: "Ich habe den Durchbruch geschafft, aber leider nicht in Österreich", sagt Brinnich. Nähere Informationen dazu will er jedoch erst in den nächsten Monaten bekannt geben.
"Meine Staudruckmaschine kann für die Erzeugung elektrischen Stroms die Strömungsenergie alleine ebenso wirtschaftlich nutzen wie Stauhöhen von einigen Metern, während eine ,herkömmliche' Niederdruckturbine eine Fallhöhe von mindestens 2,5 Metern braucht", erläutert Brinnich. Durch diesen Umstand ergäben sich ungeahnte Nutzungspotenziale für die zahllosen Querbauwerke, die Flüsse durchschneiden.
"Am Wehr steht alles an: Tiere, Schotter, Sand. Die fehlende Durchgängigkeit wird seit Generationen als Problem angesehen, aber niemand hat bisher etwas dagegen unternommen." Seine Erfindung sei in der Lage, alle diese Probleme auf einen Schlag zu lösen.
Zusätzlich bräuchten für seine Staudruckmaschine keine neuen Kraftwerksstandorte gesucht werden, da diese ohnehin massenweise vorhanden seien. In Österreich dürfte es Zehntausende dieser Gewässerbarrieren ohne energetische Nutzung geben. Allein im kleinen Abschnitt des niederösterreichischen Traisen-Flusses zwischen Wilhelmsburg und der Donau existieren 145 Querbauwerke. Den Klagen, dass die Traisen in Niederösterreich zu wenig Wasser führe, könne mit seiner Erfindung ein Ende gesetzt werden, sagt Brinnich. Die Umleitung in Mühlbäche zur "teilweise unwirtschaftlichen Wasserkraftnutzung" wäre dann nicht mehr nötig. Außerdem komme seine Erfindung der EU-Wasserrahmenrichtlinie entgegen, in der die Wiederherstellung der Durchgängigkeit von Gewässern eine besondere Bedeutung einnimmt.
Kampf gegen Lobbys
Doch obwohl die Vorteile der Erfindung auf der Hand liegen und es laut Brinnich dafür "unglaublich viel Interesse aus aller Welt gibt, haben sich Konzerne quergelegt". So sehr er gedacht hatte, dass nach Erreichung des Patents seine Erfindung von Wissenschaft, Behörden und Industrie dankbar und mit offenen Armen aufgenommen werden würde, so sehr habe er vor allem in Österreich feststellen müssen, dass es "Lobbys gibt, denen so eine Grundsatzerfindung ein Dorn im Auge ist".
Teilweise habe er genau die Schwierigkeiten erlebt, die schon viele österreichische Erfinderschicksale vor ihm hatten: "Industrieerfindungen, die direkt in die Geschäfte großer Konzerne eingreifen, haben es besonders schwer. Außerdem müssten Wissenschafter, die mit dem Status quo bisher gut gelebt haben, Kompetenzen abtreten."
Besonders bei Genehmigungsverfahren seien ihm immer wieder schier unüberwindliche Hürden gestellt worden. So wurde beispielsweise bei einem eingereichten Projekt in Bayern von ihm verlangt, im Vorverfahren folgende Institutionen einzuschalten: Den regionalen Planungsverband, den Naturschutzbund, den Landesverbund für Vogelschutz, die Bayerische Landesanstalt für Wasserforschung, den Landesfischereiverband, die Bezirks-Fachberatung für Fischerei sowie die Vereinigung der Wasserkraftwerke in Bayern.
Besonders die gewollte Beteiligung der Vereinigung der Wasserwerke habe ihn erbost, erklärt Brinnich: "Das wäre so, wie wenn ich in Wien ein Frisörgeschäft aufmachen will und dafür von allen österreichischen Frisörläden die Erlaubnis einholen müsste."
Wie funktioniert's?
Sie sieht ein wenig aus wie ein überdimensionales Wasserrad, dennoch handelt es sich laut Brinnich um eine Erfindung, die weder dem Wasserrad noch der Schiffsmühle ähnelt, sondern am ehesten mit der Niederdruckturbine vergleichbar ist. Sie steht bis zur Nabe im Unterwasser und kann mit einem oder mehreren Laufrädern ausgestattet werden, wobei jedes mit seiner Nabe und den unteren Schaufeln das Gerinne absperrt. Dadurch wird die gesamte Wassermenge genutzt.
Zum einen kann also die Strömungsenergie genutzt werden, zum anderen wird durch Abbremsen der Laufräder ein Staupegel vor der Maschine erzeugt, was - im Gegensatz zur Schiffsmühle - auch die Nutzung der potenziellen Energie erlaubt.
Jedes Kilogramm Wasser muss auf die Schaufel einen Druck ausüben, um durchzukommen. Lediglich durch einen mechanisch bedingten Luftspalt fließen zwei bis drei Prozent des Wassers ungenutzt durch. Auch schwankende Wassermengen können mit der Staudruckturbine abgearbeitet werden. Die neuartige Maschine soll auch rund 95 Prozent des Schwemmgutes problemlos verarbeiten.