Die heimischen Banken funktionieren bei "traditionellen" Finanzdienstleistungen besser als bei "modernen".
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Geht es nach der turbulenten Bankengeschichte in Österreich, müsste es heute dem Wirtschaftsstandort viel schlechter gehen. Ein paar Highlights lassen die Geschichte österreichischer Banken eher als Geschichte von deren Skandale erscheinen: Fusion von Zentralsparkasse und Länderbank; Fusion von Länderbank und Creditanstalt; Übernahme der Postsparkasse durch die Bawag, danach deren Beinahe-Kollaps wegen abenteuerlicher Spekulationen sowie Übernahme durch US-Fonds; zuerst Übernahme der Bank Austria durch Unicredit und jetzt ihre Zerschlagung; die unselige Geschichte der Hypo Alpe Adria und deren (für die Steuerzahler) extrem teures Ende; Restrukturierung nach einem Fast-Kollaps des Volksbankensektors; mehrfache Restrukturierungen der Raiffeisenbank. Und das sind nur die wichtigsten Fälle. Dazu kommen die wenig zufriedenstellenden Ergebnisse der Stresstests durch die europäische Aufsicht, die den Österreichern kein gutes Zeugnis ausstellen.
Über diesen Problemen darf man allerdings nicht vergessen, dass die Versorgung österreichischer Unternehmen mit Krediten und anderen Finanzdienstleistungen trotzdem relativ gut ist. Zwar hinken die österreichischen Banken - teils durch ihre noch immer starke (regionale) Politikverbundenheit, teils durch ihre dadurch ausgelöste Schwierigkeit, den Sektor nachhaltig zu konsolidieren - bei "modernen" Finanzdienstleistungen den internationalen Konkurrenten hinterher. Aber bei "traditionellen" Leistungen funktionieren sie gut.
Dennoch besteht die Gefahr, dass sie die sich ändernden Bedingungen der "Realwirtschaft", deren Digitalisierung, die sich in Schlagworten wie Industrie 4.0, "smart factory", "sharing economy" und anderen ausdrückt, nicht genügend unterstützen. Erinnern wir uns an den absurden Streit der Bankenaufsicht mit einem Schuhhersteller über dessen (eigenartige) Form des "crowd financing", statt dass sich die Aufsicht um die Etablierung neuer elektronischer Plattformen zur Finanzierung von Unternehmungen mit positiven Zukunftsaussichten, aber geringen materiellen Sicherstellungen gekümmert hätte.
Die sehr starke Orientierung der Oesterreichischen Nationalbank auf Finanzmarktstabilität als Oberregulator des Finanzsektors hat die Steuerzahler viel gekostet. Sie hat aber nicht Österreichs "Erbsündenfall" verhindert, dass den heimischen - und später osteuropäischen - Kunden Milliarden an angeblich so billigen Fremdwährungskrediten vermittelt wurden, deren spätere Auflösung hier wie dort die Konsumnachfrage und das Wirtschaftswachstum eingebremst hat. In der Zwischenzeit ist das Thema aus den Medien verschwunden und den harten Ebenen der Aufarbeitung gewichen.
Der österreichische Bankensektor hat weiterhin einen signifikanten Nachholbedarf: "passiv", also durch Reduzierung des Overbanking in Österreich und Abbau der in der Finanzkrise entstandenen "faulen" Kredite; und "aktiv" durch eine Modernisierung seiner Produkte und damit eine Absicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Die Diskussion über Bargeld und Digitalwährungen hat hierzulande noch gar nicht richtig begonnen.