Der Atomdeal hat die Ausgangsposition für Investitionen deutlich verbessert.
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Wien. Österreichs Wirtschaft will am iranischen Kuchen kräftig mitnaschen. Seit die Oberbank vor zwei Monaten als erstes europäisches Finanzinstitut ein Rahmenkreditabkommen mit den Persern unterzeichnet hat, ist die Nachfrage nach Investitionen im schiitischen Golfstaat stark angestiegen. Die eineinhalb Jahre lang verhandelte Rahmenvereinbarung ermöglicht von der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB) gedeckte Finanzierungen mit Laufzeiten von mehr als zwei Jahren. Es legt zwar kein bestimmtes Volumen fest, da sich die Höhe der Finanzierungen am Bedarf der österreichischen Exporteure orientiert. Die Milliardenmarke soll aber übertroffen werden. Damit soll Geld für bereits anstehende Projekte in den Bereichen Infrastruktur (Bahnbau, Wasserkraft, Photovoltaik) und Gesundheitswesen sowie Anlagenbau zur Schaffung von Arbeitsplätzen im Iran fließen.
Derzeit beläuft sich das bilaterale Handelsvolumen zwischen dem Iran und Österreich auf etwas mehr als 370 Millionen Euro (2016) jährlich. Angepeilt wird aber die Milliardengrenze bis 2020.
"Das Iran-Geschäft für österreichische Unternehmen ist eine großartige Möglichkeit, dass wir am iranischen Aufschwung partizipieren", sagt Manfred Kainz, Obmann des steirischen Außenhandels in der Wirtschaftskammer Östereich (WKO). "Es gibt wenige Länder, die so viel Anerkennung genießen in der Islamischen Republik wie wir", ergänzt er. Kainz hat gerade erst den steirischen Exporttag in Graz veranstaltet, bei dem sich dutzende Firmen unter anderem über Investitionschancen im Iran informiert haben. 40 Delegationen sind in den vergangenen Wochen auf "Investitionsreise" gefahren, mehr als 500 österreichische Unternehmen sind im Iran aktiv.
"Österreich genießt einen ausgezeichneten Ruf im Iran"
Der Präsident der Österreichisch-Iranischen Gesellschaft, Werner Fasslabend (ÖVP), erklärt im Gespräch mit "Wiener Zeitung", warum Österreich nach dem Atom-Deal die Chance hat, als Tor Irans zu Europa vom Deal zu profitieren. "De facto alle großen wichtigen österreichischen Unternehmen sind in den Iran geflogen, um Geschäfte zu lukrieren", so Fasslabend. "Österreich genießt einen ausgezeichneten Ruf in Teheran. Einerseits wegen der historisch guten Beziehungen und andererseits wegen der hohen Qualität der Produkte", ergänzt der ehemalige Verteidigungsminister.
Der Iran lechze nach einer mehrjährigen Phase der Isolation nach Investitionen und biete österreichischen Unternehmen im Öl- und Gasbereich, in der Industrie- und der Infrastruktur, im medizinischen und landwirtschaftlichen Bereich sowie bei der Umwelttechnologie und bei Gütern des gehobenen Bedarfs enorme Marktchancen. "Auf der anderen Seite finden wir ein hochintelligentes und gebildetes Volk, das in etlichen Sparten wie etwa in der Nanotechnologie weltweit Spitzenleistungen erbringt", unterstreicht Fasslabend. Der Iran werde langfristig für die Öl- und Gasversorgung Europas von entscheidender Bedeutung sein, weil er über die zweitgrößten beziehungsweise drittgrößten Reserven verfüge.
Großes Potenzial für Österreichs Wirtschaft
Österreich und die EU könnten durch die Atom-Einigung ihre Beziehungen zum Iran wirtschaftlich, kulturell und politisch wieder neu aufbauen. Dies sei wichtig, weil der Iran mit einer Fläche 20 Mal so groß und einer Bevölkerung zehn Mal so groß wie Österreich neben Russland und der Türkei das höchste wirtschaftliche Potenzial in unmittelbarer geografischer Nähe zur EU besitze.
Einzige Sorge ist, dass US-Präsident Donald Trump den Atom-Deal in die Luft jagt. Dann werden die Karten wieder neu gemischt und Iran-Geschäfte schwieriger.