Zahlreiche Ehrenämter stärken das Promi-Image. | Faible für Forschung und Kunst kostet Zeit. | Viele Ex-Politiker sind in bilateralen Freundschafts- Gesellschaften aktiv. | Ob er Kanzler Werner Faymann hochoffiziell berät, was er gerne dementiert, oder nur mit amikalen Ratschlägen zur Seite steht, tut eigentlich nichts zur Sache: Hannes Androsch ist mit 71 noch ein äußerst gefragter Mann. Der einstige Finanzminister, spätere CA-Generaldirektor und nunmehrige Industrielle und Investor führt nicht nur die Geschäfte seiner AIC Androsch International Management Consulting, sondern ist obendrein Gesellschafter von vier sowie Aufsichtsrat von sieben Unternehmen.
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Sein breit aufgestelltes Firmenimperium, zu dem beispielsweise die steirische AT&S, die Salinen Austria, die oberösterreichische FACC AG oder der Online-Wettspezialist Bwin gehören, lässt ihm - auch wenn die Zeiten alles andere als lustig sind - offenbar ausreichend Zeit für fast vierzig weitere Funktionen und Ehrenämter.
Als ungekrönter König der österreichischen Nebenjob-Multis fungiert er etwa als oberster Aufpasser des Austrian Institute of Technology (AIT) in Seibersdorf, wo er kürzlich den neuen Betriebskindergarten feierlich eröffnet hat. Er sitzt weiters im Aufsichtsrat der Fimbag Finanzmarktbeteiligung AG, die mit Hilfsaktionen maroden heimischen Banken zur Verfügung steht, und kümmert sich um so unterschiedliche Dinge wie die Expo in Schanghai, die ihn als Regierungskommissär fordert, oder um die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, deren Wirtschaftsbeirat er vorsitzt.
Wenn man so fleißig wie Androsch ist, sammelt man automatisch Prestige und naturgemäß auch Titel: Summa summarum ist er fünffacher Präsident, vierfacher Ehrenpräsident und zweifacher Vizepräsident, er sitzt bei sechs Institutionen im Vorstand, bei vier im Kuratorium und bei zwei im Beirat, fungiert zweimal als Senatsmitglied, einmal als Direktoriumsmitglied - und schließlich ist er noch einmaliger Vorstandsbeirat.
Die Liste seiner Funktionen reicht vom Arbeiter-Samariter-Bund und dem Bergmännischen Verband Österreichs über die Montanuniversität Leoben bis zum Wiener Männergesangsverein.
Auch wenn über seine gesanglichen Talente bislang relativ wenig an die Öffentlichkeit gedrungen ist - mit einem prominenten Namen wie Androsch schmücken sich naturgemäß viele gerne, auch die Kardinal König Stiftung, in deren Kuratorium er einen Stammplatz hat, oder Wiens Konzerthausgesellschaft, für die er im Direktorium mitmischt. Umgekehrt bieten ihm derartige Tätigkeiten die Chance, sich andauernd in Szene zu setzen und seine Reputation zu mehren - wenn auch in den meisten Fällen keine pekuniäre Abgeltung vorgesehen ist. Androsch engagiert sich jedenfalls am liebsten für den Bereich Kunst und Wissenschaft und hat beispielsweise eine nach ihm benannte Stiftung bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften eingerichtet - hierzulande angeblich die bedeutendste private gemeinnützige Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Forschung.
Vereine mögen prominente Namen
So wie Androsch, der im Gegenzug für seine allgegenwärtige Präsenz schon zwei Ehrendoktorate, mehrere Ehrenringe beziehungsweise Ehrenkreuze verliehen bekam, halten es etliche heimische Topmanager, Politiker sowie Politiker a. D.: Führungskräfte übernehmen trotz stressigem Hauptjob nicht ungern Funktionen, die ihnen beruflich irgendwie nutzen können. OMV-General Wolfgang Ruttenstorfer etwa, dessen Konzern an der rumänischen Petrom 51 Prozent hält, fungiert naheliegenderweise als Präsident der Österreichisch-Rumänischen Gesellschaft.
Casinos-Austria-Chef Karl Stoss amtiert als Präsident der vor drei Jahren gegründeten Österreichisch-Liechtensteinischen Gesellschaft. Und sein ehemaliger Vorstandskollege Emil Mezgolits findet in selbiger Funktion bei der Österreichisch-Spanischen Gesellschaft Verwendung.
In Österreich, wo es weitaus mehr als 100.000 Vereine gibt, ist das einschlägige Betätigungsfeld für Ämterkumulierer riesengroß. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich etwa die mehr als 100 bilateralen Freundschafts-Gesellschaften, die in Wien ansässig sind und sich der Völkerverständigung verschrieben haben. Bei diesen engagieren sich auch ranghohe Politiker wie Erwin Pröll, der gemeinsam mit seinem Neffen Josef im Ehrenpräsidium der Österreichisch-Guatemaltekischen Gesellschaft anzutreffen ist. Außenminister Michael Spindelegger ist Präsident der Österreichisch-Italienischen Gesellschaft und der EU-Abgeordnete Ernst Strasser steht in selbiger Rolle der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft vor.
Selbstverständlich engagieren sich auch ehemalige Minister, deren populäre Strahlkraft immer noch nachwirkt, einschlägig: Der Fleißigste ist wohl Ex-Innenminister Karl Blecha, der an der Spitze der Österreichisch-Bulgarischen Gesellschaft steht und bei fünf anderen (Syrien, Algerien, Tunesien, Tschechien, China) den Vizepräsidenten macht oder im Vorstand zu finden ist. Die frühere Ministerin Maria Rauch-Kallat ist ebenfalls mehrspurig unterwegs: Sie legt sich als Präsidentin für Ungarn und Ägypten ins Zeug und dient der Österreich-Barbados Gesellschaft überdies als Ehrenpräsidentin. Ex-Minister Herbert Scheibner muss zweifellos eine Affinität zu Syrien haben.
Auch Ex-Kanzler sind gerne Präsidenten
Auch ehemalige Bundeskanzler legen heutzutage noch auf klingende Titel wert: Franz Vranitzky fungiert als Präsident der Österreichisch-Ukrainischen Gesellschaft und Alfred Gusenbauer hat es immerhin zum Vizepräsidenten der Österreichisch-Venezolanischen Gesellschaft gebracht. Vranitzky sitzt obendrein für Magna-Boss Frank Stronach in dessen Board of Directors, Gusenbauer wiederum pflegt für Immobilien-Star René Benko geschäftliche Kontakte und berät neuerdings auch die Westdeutsche Allgemeine Zeitung-Gruppe.
Beide haben freilich weitaus weniger Stress als Androsch: Dessen Firmenbeteiligungen haben nämlich schon lustige Zeiten erlebt. Während die Salinen und Bwin ganz gut dastehen, wird AT&S heuer (nach 5,8 Millionen Minus im Vorjahr) einen saftigen Verlust einfahren. FACC segelt ebenfalls tief in den roten Zahlen.
Und der schwer defizitäre Mischkonzern HTI High Tech Industries, an dem Androsch immerhin fünf Prozent hält, konnte kürzlich nur mit Mühe vor der Pleite gerettet werden.
Auszug aus den ehrenamtlichen Tätigkeiten Arbeiter-Samariterbund: Ehrenpräsident
Bergmännischer Verband Österreichs: Vorstandsmitglied
BNP Paribas: Mitglied des APC (Alpine Peace Crossing)-Ehrenkomitees
Dachverband der Österreichischen Berg-, Hütten- und Knappenvereine: Vorstandsbeirat
Europäische Liga für wirtschaftliche Zusammenarbeit: Vizepräsident der österreichischen Sektion
Europäische Rundschau: Mitglied des Kuratoriums
Expo in Schanghai 2010: Regierungskommissär
Förderer der Albertina: Präsident
Gesellschaft der Freunde der Bildenden Künste: Vorstandsmitglied
Gesellschaft der Freunde der Universität Tel Aviv in Österreich: Präsident
Institute of Molecular Biotechnology: Mitglied im Förderkomitee
Industriewissenschaftliches Institut: Mitglied des Kuratoriums
Jewish Welcome Service Vienna: Förderer
Kardinal König Stiftung: Mitglied des Kuratoriums
Keltenmuseum Hallein: Ehrenpräsident
Komitee Staatsvertragsausstellung 2005 in Österreich: Präsident
Kuratorium zur Förderung der Wirtschaftsuni Wien: Kuratoriumsmitglied
Montanhistorischer Verein für Österreich: Vorstandsmitglied
Montanuni Leoben: Vorsitzender des Uni-Rates
OIER Organisation für internationale Wirtschaftsbeziehungen: Vorstandsmitglied
Österreichisch-Indische Gesellschaft: Ehrenpräsident
Österreichisch-Slowakische Gesellschaft: Vizepräsident
Österreichisch-Tschechische Gesellschaft: Vorstandsmitglied
Österreichische Akademie der Wissenschaften: Senatsmitglied
Sal. Oppenheim Österreich: Mitglied des Beirats
Sipcan save your life. Special Institute for Preventive Cardiology And Nutrition. Initiative für ein gesundes Leben: Schirmherr
Uni für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz: Mitglied des Beirats
Verein zur Förderung der Lehre an der Diplomatischen Akademie Wien: Ordentliches Mitglied
Wiener Männergesangs-Verein: Mitglied des Ehrenpräsidiums
Wifo: Vorstandsmitglied, Mitglied des Senates
* Wirtschaftsbeirat der Raiffeisenlandesbank OÖ in Wien: Vorsitzender.