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Österreichs "langer Weg zur Mitverantwortung"

Von WZOnline

Politik

Das offizielle Österreich hat am Mittwoch bei einer Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus der Opfer des NS-Regimes gedacht. Die Veranstaltung stand im Zeichen des zehnjährigen Jubiläums des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus. Hauptredner war der frühere US-Vizefinanzminister Stuart Eizenstat. Applaus bekam Nationalratspräsident Andreas Khol gleich am Beginn seiner Begrüßung für eine Replik auf die jüngsten "Sager" freiheitlicher bzw. früherer freiheitlicher Bundesräte.


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Wer sich außerhalb des Grundverständnisses stelle, dass die Vernichtungslager und Gaskammern des Nationalsozialismus mit ihren Millionen Opfern Verantwortung mit sich bringen, sollte im Parlament keinen Platz haben.

Khol erinnerte an den einstimmigen Beschluss im Nationalrat, den Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen jedes Jahr als Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus zu begehen: "Wir haben damit einen demokratischen Grundkonsens unseres Landes zum Ausdruck gebracht, dass die Vernichtungslager und Gaskammern des Nationalsozialismus mit ihren Millionen Opfern uns allen Verantwortung auferlegen: die Verantwortung des Niemals wieder, des Erinnerns, der Sorge für die Opfer. Wer sich außerhalb dieses Grundverständnisses stellt, sollte in diesem Haus keinen Platz haben."

Nationalfonds

Die Gründung des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus habe eine neue Phase im Umgang der Republik mit der Verantwortung für die Untaten des Nationalsozialismus in Österreich eingeleitet, so Nationalratspräsident Andreas Khol.

Der Nationalfonds wurde 1995 gegründet, um den Nazi-Opfern neben der moralischen Anerkennung auch eine finanzielle Entschädigung zukommen zu lassen. 28.176 Personen haben seither diese "Geste" in der Höhe von rund 5.000 Euro erhalten. In den Jahren 2000 und 2001 folgten die Einrichtung des Versöhnungsfonds zur Entschädigung von ehemaligen NS-Zwangsarbeitern und des Allgemeinen Entschädigungsfonds zur Lösung noch offener Fragen von Opfern des Vermögensraubs.

"A little late..."

Hauptredner der Gedenkveranstaltung im historischen Sitzungssaal des Parlaments war der frühere US-Vizefinanzminister Stuart Eizenstat, der maßgeblich an den Verhandlungen über Versöhnungs- und Entschädigungsfonds beteiligt war. Auf der Rednerliste fanden sich aber auch die frühere Nationalbankpräsidentin Maria Schaumayer und Ex-Staatssekretär Ludwig Steiner, die auf österreichischer Seite für Verhandlung bzw. Abwicklung der Zwangsarbeiterentschädigung zuständig waren und sind. Zu Wort kommen sollten schließlich mit Moshe Jahoda von der Claims Conference und Gideon Eckhaus vom Zentralkomitee der Juden aus Österreich in Israel zwei Vertreter der jüdischen Opfer.

Khol sagte in seiner Begrüßung, mit Nationalfonds, Versöhnungsfonds und Allgemeinem Entschädigungsfonds wolle Österreich seiner Verantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus in unserem Lande nachkommen. Dies werde auch in Israel anerkannt, wenngleich der israelische Parlamentspräsident Reuven Rivlin gemeint habe, dies alles sei "a little late", also ein wenig spät erfolgt.

"In der Tat war es ein langer und mühseliger Weg unseres Landes zur Erkenntnis, dass unsere Heimat, die Republik Österreich, zwar Opfer der Aggression des Nationalsozialismus geworden war, dass aber eine große Zahl von Österreicherinnen und Österreichern Täter waren, mitschuldig wurden, und wir für sie Mitverantwortung tragen", räumte Khol ein. Die Opferrolle habe lange Österreichs Stellung bestimmt. Und erst als Österreich im Bewusstsein seiner Bürgerinnen und Bürger zur Nation geworden sei, habe sich diese österreichische Nation dazu bekannt, "dass viele ihrer Bürgerinnen und Bürger Täter im nationalsozialistischen Unrechtsstaat geworden waren und die Republik dafür Mitverantwortung trägt".

Die künftige Aufgabe des Nationalfonds sieht Khol in erster Linie darin, die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus wach zu halten und das Leid der Opfer anzuerkennen. Die bisherige Arbeit der Einrichtung rechtfertige eine "erfolgreiche Zwischenbilanz".

"Niemals wieder!"

Auch Bundesratspräsident Georg Pehm (SPÖ) betonte, dass der Nationalfonds kein Ablaufdatum haben dürfe. Er sei 1964 geboren, seine Generation trage keine unmittelbare Verantwortung für die Ereignisse der Nazi-Diktatur und das, was in den Jahren danach nicht geschehen sei. "Aber wir tragen die Verantwortung dafür, dass all das nicht vergessen wird. Damit nicht wieder, egal wo und egal wann, Menschen in unserem Land gedemütigt, verspottet, misshandelt und getötet werden." Und weiter: "'Niemals wieder!' - Das ist unsere Verantwortung heute!"