Die geplante Ehe von Verbund und dem deutschen Stromkonzern E.ON gerät unter Beschuss. Hatten die Landesgesellschaften, allen voran die niederösterreichische EVN, dem Verbund bisher das Leben schwer gemacht, indem sie den Kauf von zusätzlichem Verbund-Strom verweigerten, so wollen sie jetzt nicht akzeptieren, dass der Stromproduzent sich einen strategischen Partner im Ausland gesucht hat, um den überschüssigen Strom zu vertreiben. Plötzlich mehren sich die Gegner einer solchen Partnerschaft. Detail am Rande: Der französische Atomstromgigant EdF, der längst in Österreich mitmischt, könnte vom Scheitern der "Stromehe" profitieren.
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Die große österreichische Stromlösung ist bisher weniger am Willen des Verbund als an der starrsinnigen Haltung der Ländergesellschaften gescheitert. Sie wollten keinesfalls in Kauf nehmen, dass ein Bundesland die Oberhand gewinnt.
Bekannt ist, dass EVN-Boss Rudolf Gruber mit Verbund-Direktor Hans Haider gar nicht auskommt. Deshalb zogen es die Niederösterreicher und Wiener vor - beide galten lange Zeit als die große Blockierer der österreichischen Stromlösung - gemeinsam mit der Linz AG die EnergieAllianz zu gründen.
Später stieß auch die Bewag dazu. Die Allianz verhinderte auch erfolgreich eine Fusion des Verbund mit den steirischen und oberösterreichischen Landesversorgern. Die Oberösterreicher sind nun der EnergieAllianz beigetreten, die steirische Regierung verkaufte 25% der Estag-Anteile plus eine Aktie an die Electricité de France (EdF). Besonders grotesk: Die Landesgesellschaften verweigerten bisher den Kauf des plötzlich so hochgepriesenen Verbund-Stromes und kauften die Energie lieber an den europäischen Strombörsen, an denen man mindestens 37% Atomstrom miterwirbt. Dadurch hat allerdings diese, von den Österreichern ungeliebte Energie in den letzten Jahren einen Anteil von 10% erreicht.
Der Verbund verkauft darum mittlerweile die Hälfte seines Stroms ins Ausland. Nach Einschätzung von Heinz Högelsberger, dem Energie-Experten von Global 2000, hat die EdF ein massives Interesse daran, dass der Verbund-E.ON-Deal nicht zustande kommt, weil der heimische Strom attraktiv ist. So plane die steirische Regierung weitere Estag-Anteile an die EdF zu verkaufen. Die Verflechtungen des französischen Atomstromriesen gibt es über die Energie Baden-Württemberg (EnBW), deren Hauptaktionär die EdF ist. Die EnBW hält seit September 6,33% am Verbund und seit Jänner mehr als 5% an der EVN. Damit haben sich die Franzosen durch die Hintertür ein Mitspracherecht gesichert.
Högelsberger sieht die Gefahr eines Pyrrhussieges, sollte die gemeinsame Tochter von Verbund und E.ON, die European Hydro Power (EHP), nun doch nicht geboren werde: "Es könnte sein, dass die EdF den deutschen Konkurrenten E.ON ausbremsen will und sich dabei auch der innenpolitischen Kräfte bedient." Der Zeitpunkt wäre ideal. Österreich erweist sich jedenfalls als attraktive Spielwiese für die strategischen Interessen der großen europäischen Atomstromkonzerne - und viele spielen mit.