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Österreichs Unternehmen sind im Erkennen von Chancen schneller

Von Thomas Lechner

Wirtschaft

Wien - Der im Jahr 2000 zwischen den Ländern des Balkan-Stabilitätspaktes abgeschlossene "Investment Compact" bildete am Donnerstag den Rahmen für das Treffen hochrangiger Vertreter von zehn Staaten Südosteuropas in der Wiener Hofburg. In Anwesenheit des Sonderkoordinators Erhard Busek sowie des stellvertretenden OECD-Generalsekretärs Richard Hecklinger wurde die Anlockung ausländischer Investoren zur Hauptaufgabe der näheren Zukunft erklärt.


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Österreich, das Gastgeberland der Ministerkonferenz, hatte Anfang des Jahres gemeinsam mit der OECD den Vorsitz des "Investment Compact" übernommen, also jenes Teils des Stabilitätspaktes, der sich mit der Verbesserung des Investitionsklimas in den Balkanstaaten beschäftigt. Diese soll durch die Umsetzung wirtschaftspolitischer Maßnahmen, unter anderem in den Bereichen Bankwesen, Privatisierung, öffentliches Beschaffungswesen und Bekämpfung von Korruption und Geldwäsche erreicht werden. Der Förderung der Klein- und Mittelbetriebe, deren "Jobholder-Value" längst bekannt ist, will man besonderes Augenmerk schenken. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, der in seiner Eröffnungsrede die wirtschaftlichen und politischen Perspektiven der gesamten Region positiv hervorhob, betonte, dass öffentliche Unterstützungen und Investitonen (die EU setzte bislang über neun Mrd. Euro für den Wiederaufbau in Südosteuropa ein) nur einen Teil des benötigten Kapitals abdecken könnten.

Bartenstein meinte, man könne die Situation durchaus mit der unserer osteuropäischen Nachbarn vor etwa einem Jahrzehnt vergleichen. Auch diese hätten es zu einem großen Teil privatem ausländischem Kapital zu verdanken, dass sie jetzt die Poleposition unter den EU-Kandidatenländern innehaben.

Auffallend sei die Divergenz zwischen dem beindruckenden Wirtschaftswachstum von 6,2 Prozent und dem ausländischen Gesamtinvestitionsvolumen in den südosteuropäischen Staaten, so Bartenstein. Laut einer Studie des Wiener Institutes für internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) flossen im Vorjahr nur etwa 0,6 Prozent der weltweiten Auslandsinvestitionen in die Region - gegenüber den 50 Prozent der acht Mrd. US-Dollar, die allein in Polen angelegt wurden. Trotz eines 40-prozentigen Rückganges der weltweiten "foreign direct investments" - laut UNCTAD bedingt durch eine generelle Reduktion der grenzüberschreitenden Unternehmenszusammenschlüsse und -erwerbsvorgänge in den Industriestaaten - gebe es noch immer mehr als 750 Milliarden US-Dollar jährlich im internationalen Beteiligungstalon.

Österreichs Anteil an den Direktinvestitionen in Südosteuropa ist geradezu gigantisch. Mit über zwei Mrd. Euro, die hiesige Geldgeber in kroatischen Unternehmungen angelegt haben, sowie fast durchgehend zweistelligen Marktanteilen bei den Investitionen in den anderen Balkanstaaten, versteht sich das besondere Engagement im "Investment Compact" von selbst. Eine Reihe von Doppelbesteuerungs- und Investitionsschutzabkommen besteht bereits, die nun unterzeichnete politische Absichtserklärung soll die Transparenz und den Ausbau nationaler Wirtschaftsgesetzgebung forcieren und so die Attraktivität der Region weiter steigern.

Mehr gegenseitiges Verständnis der Partner

Die Empfängerländer wollen verdeutlichen, dass sie die Sorgen und Bedürfnisse der Investoren verstanden und auch untereinander den Willen zur Zusammenarbeit haben. Dieses Verständnis soll sich in einem zeitgerechten und unbegrenzten Transfer der Erträge aus Investitionen, einem unbegrenzten Zugang zu effektiven Schlichtungsverfahren und einer Vereinfachung der Visavorschriften für Investitionsträger niederschlagen. Darüber hinaus will man Firmengründungen rechtlich vereinfachen.

Andererseits müsse man aber auch Verständnis dafür haben, dass die wichtigen Schritte nicht von heute auf morgen passieren. "Wir haben leider keinen Zauberstab", gab man von rumänischer Seite bei der Pressekonferenz zu bedenken.

Es ist geplant, einmal jährlich auf Ministerebene zusammenzutreten, um den bei der Umsetzung dieser Erklärung erzielten Fortschritt zu prüfen. Die internationale Gemeinschaft wird von den Teilnehmerländern aufgefordert, ihnen technische und finanzielle Unterstützung zu gewähren, um die Zielsetzungen dieser Erklärung zu realisieren.