Firmenkäufe: 2007 war ein Rekordjahr. | Aufwärtstrend auch bei Finanz- investitionen. | Wien. Eine brandneue Studie über Fusionen und Übernahmen kommt zu dem Ergebnis, dass 2007 ein absolutes Rekordjahr war: Laut Manfred Moschner, Chef der ACS Acquisition Services in Wien, wurden insgesamt 455 Firmen verkauft - um fast zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. Rund jede vierte Transaktion fand zwischen österreichischen Unternehmen statt, in 332 Fällen handelte es sich um grenzüberschreitende Deals: da haben entweder rot-weiß-rote Unternehmen im Ausland zugeschlagen oder ausländische Käufer in Österreich.
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Alles in allem ging es bei den Firmenkäufen um 28,29 Mrd. Euro; im Vergleich zu 2006 ein Plus von immerhin 29 Prozent. Von der Untersuchung wurden nur jene Deals erfasst, bei denen mindestens eine Million Euro im Spiel war.
Auch bei den Megatransaktionen à la Voest (übernahm Böhler-Uddeholm) oder Bawag (an Cerberus verkauft) war ein Rekord zu verzeichnen: Bei gleich 63 solcher Supercoups ging es jeweils um mindestens 73 Mio. Euro. In neun Fällen machte der Transaktionswert sogar mehr als eine Milliarde aus; unter anderem beim Einstieg Oleg Deripaskas in die Strabag oder bei der Übernahme von One durch die France Telecom.
Deutsche sind immer noch die Nummer eins
In die Akquisitionen mit Österreich-Bezug waren Unternehmen aus nicht weniger als 50 Staaten involviert. Eine der Kernaussagen der Analyse: Die Österreicher kaufen weitaus öfter ausländische Firmen auf als die Ausländer bei österreichischen zuschlagen. Denn: In zwei von drei Fällen war Rot-Weiß-Rot der Käufer, nur in jedem dritten der Verkäufer. Mit 103 Deals - egal, ob als Käufer oder Verkäufer - lagen die deutschen Unternehmen klar an der Spitze, gefolgt von US-Konzernen, Schweizer Firmen und den Italienern.
Der Aufbruch im Osten sorgte naturgemäß für eine starke Internationalisierung der heimischen Wirtschaft: Rumänien, überraschenderweise in Position eins unter den östlichen Nachbarn, war an 17 Transaktionen beteiligt, Bulgarien, Ungarn und die Tschechische Republik an jeweils elf - und zwar zumeist in der Rolle der Verkäufer. Kroatien und Russland (je neun), die Ukraine und Polen (je sieben) sowie Serbien und die Slowakei (vier Deals) folgen auf den Plätzen. In Österreich engagieren sich Investoren aus diesen Ländern hingegen nur sporadisch.
Am aktivsten haben sich mit 29 Fällen die Maschinen- und Anlagenbauer erwiesen. Im Bereich der Immobiliengesellschaften fanden 27 Übernahmen statt. Software- und IT-Firmen wechselten 25-mal den Besitzer; im Großhandel kam es zu 23 Transaktionen. Die heimischen Versicherungen schafften 18 Zukäufe und zählen (noch vor den Banken) zu den engagiertesten Investoren aus Österreich.
Paradebetriebe setzen voll auf Expansion
Stark trumpft die Wiener Städtische Versicherung auf, deren Generaldirektor Günter Geyer zu Österreichs erfolgreichsten Ost-Pionieren zählt: "Wir können an der Wachstumsdynamik in Zentral- und Osteuropa partizipieren und zählen in der Tschechischen Republik, der Slowakei, in Rumänien, Bulgarien, Albanien und Georgien zu den Marktführern".
Hans-Peter Haselsteiner, Boss des Baukonzerns Strabag, wiederum kauft auch im Westen laufend Firmen zu - der Bogen reichte zuletzt von Albanien über Deutschland bis Schweden.
Mirko Kovats, dessen Industriegruppe A-Tec mit fast 14.000 Mitarbeitern in 16 Ländern 2,4 Mrd. Euro umsetzt, hat sich ebenfalls hervorgetan - auch wenn sein Traum von einem internationalen Kupfer-Konzern vorerst gescheitert ist.
Zu den expansivsten heimischen Unternehmen, die sich 2007 gleich mehrmals in Szene setzen konnten, zählen weiters die Österreichische Post AG, deren Generaldirektor Anton Wais gleich mehrere Zukäufe unter Dach und Fach bekam. Besonders aktiv sind aber auch der Ziegelkonzern Wienerberger AG, die Wiener Immofinanz AG, der Vorarlberger Lichtspezialist Zumtobel sowie die Trenkwalder Personaldienste AG, die in 18 europäischen Ländern präsent ist - zuletzt konnte sie in der Schweiz, Bulgarien, Ungarn, der Türkei und Italien Fuß fassen.
Langsam europareif - aber nicht überall
Bei Finanzinvestitionen war ebenfalls ein erfreulicher Aufwärtstrend spürbar: Mit 16 Prozent Anteil an den Transaktionen nähert sich Österreich bei außerbörslichen Unternehmensfinanzierungen (Private Equity und Venture Capital) laut Moschner "zunehmend einer Europa-Reife".
Dass Manager zugleich zu Eigentümern werden, bleibt in Österreich eher die Ausnahme: Der Experte stellt fest, dass sich auch 2007 im Bereich Management Buy-in sowie Management Buy-out relativ wenig getan hat. Moschner: "Da gibt es zum einen eine Art Existenzangst österreichischer Manager vor der Selbständigkeit und zum anderen eine noch immer geringe Bereitschaft von Alteigentümern, ihr eigenes Management in die Nachfolgefrage einzubeziehen".
StrabagSiegeszug durch Europa: Der Baukonzern Strabag hat sich im Jahr seines Börseganges ordentlich ausgetobt: Zunächst nahm die Strabag im Jänner 2007 dem schwedischen Rivalen NCC für 110 Mio. Euro dessen polnische Tochter NCC Roads Poland ab - ein Umsatzplus von 110 Mio. Euro und 900 weitere Beschäftigte. Fast gleichzeitig inhalierte sie die zum Linde-Konzern gehörende Linde KCA-Umweltanlagen GmbH in Dresden, die Weltmarktführer bei mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen ist.
Als nächstes schlug die Strabag in Kroatien zu, wo sie 75 Prozent an der Straßenbaufirma Cestar d.o.o. erwarb. Obendrein beteiligte sie sich an der Hamburger Josef Moebius Bau AG, die im Straßen-, Bahn- und Flugplatzbau 150 Mio. Euro umsetzt. Gegen Jahresende folgte der Kauf der mittelständischen Kölner Baufirma Claus Alpen GmbH.
Das Höllentempo wird auch 2008 beibehalten: Strabag-Boss Hans-Peter Haselsteiner durfte sich über 100 Prozent an der Baufirma Adanti SpA (Bologna) freuen. Es folgten die 51 Prozent-Übernahme der drittgrößten Baufirma Albaniens, Trema Engineering, und der Einstieg beim Bauunternehmen F. Kirchhoff AG (Baden-Württemberg) sowie der deutschen Kirchner Holding, an der er nun 80 Prozent hält. Zum Drüberstreuen stieg die Strabag mit 85 Prozent in die schwedische Firma Oden ein. Im Mai erwarb sie knapp die Hälfte der Aktien des Grazer Mautausstatters Efkon, der 700 Mitarbeiter beschäftigt.
+++ Wiener StädtischeSiegeszug durch Europa: Der Baukonzern Strabag hat sich im Jahr seines Börseganges ordentlich ausgetobt: Zunächst nahm die Strabag im Jänner 2007 dem schwedischen Rivalen NCC für 110 Mio. Euro dessen polnische Tochter NCC Roads Poland ab - ein Umsatzplus von 110 Mio. Euro und 900 weitere Beschäftigte. Fast gleichzeitig inhalierte sie die zum Linde-Konzern gehörende Linde KCA-Umweltanlagen GmbH in Dresden, die Weltmarktführer bei mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen ist.
Finalisiert wurde im Vorjahr der Einstieg am türkischen Markt, wo sich Generaldirektor Günter Geyer mit 58 Prozent in die Ray Sigorta einkaufte. Nächster Schauplatz seiner Expansionsgelüste: Rumänien, wo sich die VIG an derVersicherungsgesellschaft Asirom beteiligt hat.
In Albanien war im September 2007 alles klar: Die dortige Sigma wechselte zu 75 Prozent in den Besitz der Wiener.
Kurz vor Jahresende wurde nach dem Erwerb der Seesam Life Insurance in Tallinn (Estland) der Markteintritt in die baltischen Märkte vollzogen. Zugleich überließ die finnische Verkäuferin der VIG auch ihre polnische Tochter FinLife.
2008 geht es in dieser Tonart weiter: Im Februar weitete der Konzern sein Engagement in der Ukraine durch die Beteiligung an der Ukrainska Strakhova Grupa aus. Und im Mai fiel der Beschluss, in der Türkei mit der Gründung der Lebensversicherung Ray Emeklilik mitzumischen.
Geyers größter Coup ist jedoch die Übernahme der S-Versicherung samt ihrer Osttöchter von der Erste Bank: Er zahlte dafür fast 1,5 Mrd. Euro.
Post AG Da geht die Post ab: Ende Jänner 2007 erwarb die Post AG 51 Prozent an der deutschen Scanpoint Europe mit Sitz in Waldbronn. Deren Kerngeschäft ist die datenschutzgerechte Digitalisierung von Dokumenten. Drei Monate später stieg die Post in Ungarn in den Paket- und Logistikmarkt ein: Sie erwarb die Road Parcel Logistics Services Kft. und die Merland Expressz Logistics Services Kft. Die beiden Unternehmen erzielen etwa 7,5 Mio. Euro Gesamtumsatz.
Ein relativ kleiner Fisch folgte Ende April mit der Übernahme von 74,9 Prozent der Scherübl Transport GmbH, die auf Pharmatransporte spezialisiert ist - ein Nischenmarkt mit hohem Potenzial.
Ende Juli schluckten die heimischen Postler den deutschen Direktmarketing-Dienstleister Meiller Direct um 60 Mio. Euro, mit 1180 Mitarbeitern und 112 Mio. Umsatz einer der größten seiner Branche.
Anfang Oktober war der Erwerb der Van Osselaer Pieters Colli Service in Belgien und der Dedicated Distribution Services in den Niederlanden von DHL Express unter Dach und Fach. Die Firmen stehen für 2,5 Mio. Sendungen und rund 30 Mio. Euro Umsatz.
In Kroatien, wo sie mit Weber Escal die Nummer eins bei unadressierten Werbesendungen ist, sicherte die Post AG sich auch den größten Rivalen, die ST Media. Schließlich drang sie mit dem Kauf der Firma City Express d.o.o. in den serbischen und montenegrinischen Paketmarkt vor. Das Unternehmen setzt etwa zehn Millionen Euro um.