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Osteuropa braucht jetzt Handwerker, aber keine Glücksritter mehr

Von Reinhard Göweil

Analysen

In Ost- und Südosteuropa hat die Krise auch voll zugeschlagen. Der Balkan leidet an der griechischen Tragödie am stärksten mit, dort waren die Griechen wichtige Investoren. | Wie sich das private Kapital überhaupt stark zurückzog, mit teilweise desaströsen Auswirkungen. Die Arbeitslosenrate - vor allem am Balkan - reicht von 11 bis 24 Prozent. Durch die fehlenden Auslandsinvestitionen kam es praktisch überall zu hohen Leistungsbilanzdefiziten. Das bedeutet eine Kapitallücke, die es zu schließen gilt.


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Der einzig verbliebene "Lückenbüßer" ist die "European Bank for Reconstruction and Development" (EBRD), auch "Osteuropabank" genannt. Sie investierte 2009 in dieser Region insgesamt neun Milliarden Euro, eine deutliche Ausweitung im Vergleich zu den Jahren davor. Doch auch die EBRD ist im Wesentlichen ein öffentliches Vehikel. Die in London beheimatete Bank gehört den EU-Staaten. Sie wurde nach dem Zusammenbruch des Kommunismus gegründet, um die anfangs holprige Strecke für private Investoren mit öffentlichem Geld zu planieren. Die EBRD beteiligte sich an Banken, die zur Privatisierung anstanden - Private hätten sich alleine nicht so schnell drüber getraut.

Also ist es kein Wunder, dass die österreichischen Banken die wichtigsten Partner der "Osteuropabank" sind. Die Erste kaufte mit ihrer Hilfe die große rumänische Bank, auch Raiffeisen und die Bank Austria nutzten sie als Vertrauen einflößendes Instrument. Die EBRD ist sicherlich eine große Erfolgsstory für die Entwicklung jener Länder, die früher hinter dem Eisernen Vorhang lagen.

Nun aber haben die Banken, Industrien, Handels- und Dienstleistungsunternehmen einen neuen Eisernen Vorhang gezogen - und ihre Kapitalflüsse gestoppt. So unterschiedlich die Länder der Region sind - Polen etwa ist mit Serbien schwer zu vergleichen -, so gemeinsam ist ihr Interesse, für Investoren wieder attraktiv zu werden.

Für einige Länder, wie beispielsweise Kroatien (die Jahrestagung der EBRD findet diesmal in Zagreb statt), ist die Lage kritisch. Dort wurde - mit Hilfe österreichischer Banken - ein Schneeballsystem aufgebaut: Die Banken vergaben zinsgünstige Kredite in Euro, die Menschen dort verdienen aber Kuna. Nun wird es immer schwieriger, die Währungsrelation aufrecht zu erhalten. Eine Abwertung der Kuna wäre nicht nur für die Schuldner, sondern auch für die Gläubiger desaströs.

Wie der Euroraum benötigt auch Osteuropa nun ein gesünderes, breit verteiltes Wachstum. Das geht aber nicht so schnell. Die Bonanza-Stimmung vor der Krise wird nicht wieder aufkommen. Den Staaten muss nun erlaubt sein, ihre Budgetdefizite langsam abzubauen. Sonst drohen im Osten erneut eine Rezession und eine Vertrauenskrise. Was niemandem zu wünschen ist, denn Rot ist der Osten ja seit 1990 nicht mehr.