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Außenminister einigen sich auf informellem OSZE-Treffen in Mauerbach bei Wien grundsätzlich auf ein Personalpaket.
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Mauerbach/Wien. 29 Außenminister sowie etliche Vize-Außenminister der 57 Mitgliedstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) haben am Dienstag an einem informellen Treffen in Mauerbach bei Wien teilgenommen. Das Treffen markierte die Halbzeit des österreichischen OSZE-Vorsitzes. Normalerweise kommen die Außenminister nur einmal jährlich zusammen. In den vergangenen Jahren gab es jedoch immer wieder informelle Treffen, zum Beispiel 2009 in Korfu, 2010 in Almaty 2010, 2014 in New York und 2016 in Potsdam.
Das diesjährige Treffen in Mauerbach fand vor dem Hintergrund einer tiefen Krise in der europäischen Sicherheit statt. Die andauernden Spannungen zwischen Russland und dem Westen, der Ukraine-Konflikt und ein zunehmender Vertrauensverlust der Staaten machen die derzeitige Situation besonders schwierig. OSZE-Vorsitzender und Außenminister Sebastian Kurz sagte in seiner Eröffnungsrede, dass "ein Mehr an Sicherheit nur durch ein Mehr an Vertrauen" entstehen könne.
Moskau will bei vakanten Posten einlenken
Die OSZE ist selbst seit Monaten von einer internen Führungskrise betroffen. Am Rande des Ministertreffens wurde nun intensiv nach einer Lösung für die Nachbesetzung von vier vakanten Führungspositionen gesucht. Gastgeber Kurz konnte gestern schließlich vor der Presse eine "politische Verständigung" bei den offenen Personalfragen verkünden. Sie müssen allerdings noch formell abgesegnet werden. Die OSZE-Botschafter wollen Mittwoch oder Donnerstag in Wien darüber befinden, danach gibt es noch eine Frist von fünf Tagen, in der ein Veto möglich ist. Eine Entscheidung könnte damit bereits zu Beginn der nächsten Woche formalisiert sein.
Ermöglicht hat den nun erzielten Konsens Russlands Außenminister Sergej Lawrow, nachdem Russland die Nachbesetzungen lange Zeit verhindert hatte. "Wenn es einen Konsens geben wird, werden wir ihn nicht blockieren", hat Lawrow nach Aussage des ukrainischen OSZE-Botschafters Ihor Prokoptschuk bei der Plenarsitzung wörtlich gesagt. Falls Russland nicht doch noch sein Veto einlegt, übernimmt der Schweizer Diplomat Thomas Greminger den Posten des OSZE-Generalsekretärs.
Die frühere isländische Außenministerin Ingibjörg Solrun Gisladottir wird Direktorin des Warschauer Menschenrechtsbüros ODIHR, der ehemalige OSZE-Generalsekretär Lamberto Zannier Minderheitenbeauftragter und der französische Politiker Harlem Désir Medienbeauftragter.
Seit Beginn des Jahres war der österreichische OSZE-Vorsitz mit einer Reihe an weiteren Problemen im organisatorischen Bereich konfrontiert, deren Lösung für das reibungslose Funktionieren der Organisation essentiell ist. Da in der OSZE das Konsensprinzip herrscht, verlaufen diese Verhandlungen oft zäh und sind über mehrere Monate blockiert. Einige Herausforderungen konnten nun gemeistert werden.
OSZE-Missionen in Zentralasien verlängert
So konnten etwa die OSZE-Missionsmandate in Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan verlängert werden. Es ist außerdem gelungen, das Mandat der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine im März für ein weiteres Jahr zu verlängern, sowie das Missionsbudget um sieben Prozent aufzustocken. Das bedeutet eine klare Stärkung der Präsenz der Organisation vor Ort.
Als wichtiger Schritt für die Verankerung der OSZE am Amtssitz Wien kann die Unterzeichnung eines offiziellen Amtssitzabkommens zwischen der Republik Österreich und der OSZE am 14. Juni gewertet werden.
Als einer der wichtigsten österreichischen Prioritäten während des österreichischen Vorsitzes wurde bereits zu Beginn des Jahres der Kampf gegen Radikalisierung und gewaltsamen Extremismus präsentiert.
Mit dieser Schwerpunktsetzung möchte Österreich aufzeigen, dass etliche Staaten im OSZE-Raum vor große Herausforderungen für ihre innere Sicherheit gestellt werden, beispielsweise durch sogenannte Heimkehrer aus den Konfliktgebieten im Nahen Osten, die ein Sicherheitsrisiko für die europäischen Gesellschaften darstellen und oftmals in ihren Heimatländern weitere Personen radikalisieren. "Es gibt zurecht Angst in unserer Bevölkerung, und daher müssen wir entschlossen gegen diese Strömungen ankämpfen", sagte Kurz in Mauerbach.
Der renommierte Terrorismusforscher Peter Neumann vom Londoner Kings College, der von Kurz zu Beginn des Jahres zum Sonderbeauftragten ernannt wurde, moderierte zum Thema Kampf gegen Radikalisierung einen eigenen Roundtable in Mauerbach.
Konflikt in der Ostukraine bleibt im Fokus
Ein weiteres zentrales Thema des Vorsitzlandes Österreich ist der andauernde Konflikt in der Ostukraine. Die OSZE-Sonderbeobachtermission verzeichnet jeden Tag Waffenstillstandsverletzungen, teilweise mehrere tausend pro Tag. Schwere Waffen befinden sich immer noch in der Nähe der Front, und die Gefahr von Minenexplosionen ist groß. Das musste die OSZE-Mission am eigenen Leib erfahren, als am 23. April eines der gepanzerten Fahrzeuge der Mission auf eine Mine auffuhr und das zum Tod eines Mitarbeiters führte.
Die Zivilbevölkerung leidet darüber hinaus unter der militärischen Auseinandersetzung. Dieses Jahr sind bereits doppelt so viele Zivilisten ums Leben gekommen wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Zudem besteht weiterhin die Gefahr der Zerstörung von kritischer Infrastruktur, wie etwa von Wasser- oder Elektrizitätsversorgung.
Der österreichische OSZE-Vorsitz möchte außerdem in den nächsten Monaten verstärkt auf die Gefahr einer humanitären Katastrophe hinweisen, die entstehen könnte, wenn etwa Chemieanlagen oder Chlorlager ins Kreuzfeuer geraten.
Dialog zu militärischen Sicherheitsbedrohungen
Ein konkreter Schritt zur Reduktion von militärischen Spannungen und Sicherheitsbedrohungen ist Außenminister Sebastian Kurz, aufbauend auf einem am Hamburger OSZE-Ministerrat verabschiedeten Mandat, durch die Einberufung einer eigenen Arbeitsgruppe zu Beginn des Jahres gelungen.
Ein Dialog wird Schritt für Schritt unter Leitung des deutschen OSZE-Botschafters aufgebaut, der einen nachhaltigen Beitrag zur Vertrauensbildung und militärischen Transparenz leisten soll. Das neue Dialogformat soll außerdem zur Intensivierung von Kontakten des Militärs zwischen Russland und dem Westen führen. Dieser Dialog innerhalb der OSZE ist von hoher Wichtigkeit, da es derzeit kaum Möglichkeiten zum militärischen Austausch zwischen Russland und dem Westen gibt, was eine sehr hohe Gefahr für militärische Zwischenfälle, wie etwa über der Ostsee, nach sich zieht. Diese Zwischenfälle basieren oft auf Fehlannahmen und Fehlinformationen. Ein Austausch auf militärischer Ebene kann daher zu einer Reduktion von Spannungen sowie zu einem besseren Verständnis über die Absichten der anderen Seite führen.
Langfristiges Ziel soll sein, neuen Schwung in die Diskussionen zur Zukunft der militärischen Vertrauensbildung und Rüstungskontrolle zu bringen. Zu diesem Thema tauschten sich daher die OSZE-Minister in Mauerbach ebenfalls intensiv aus. Es wurde Zwischenbilanz gezogen und ein Plan für das weitere Vorgehen erarbeitet.
Viel bleibt auch in Zukunft zu tun
Über den Sommer gilt es, ein Auge auf den zwischen Armenien und Aserbaidschan seit Jahrzehnten andauernden Konflikt um Berg-Karabach zu werfen, sowie intensiv innerhalb der Trilateralen Kontaktgruppe weiter an konkreten Schritten für die Umsetzung der Minsker Vereinbarung zur Lösung des Ukraine-Konflikts zu arbeiten.
Der Herbst wird hauptsächlich für die Ausarbeitung konkreter politischer Entscheidungen wichtig sein, die dann formell beim OSZE-Ministerrat Anfang Dezember in Wien angenommen werden.
Zu hoffen ist, dass die innenpolitische Situation in Österreich und die bevorstehende Nationalratswahl am 15. Oktober diese Arbeit nicht überschatten wird.