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Präsident will Gräueltaten im Krieg untersuchen lassen. | Verhafteter Gegner Gbagbo wird vor Gericht gestellt. | Abidjan. Auch wenn der Machtkampf in der Elfenbeinküste entschieden ist, geht das westafrikanische Land auf äußerst unsichere Zeiten zu.
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Der Präsidentschaft des von der internationalen Gemeinschaft anerkannten Wahlsiegers Alassane Ouattara steht zwar nun nichts mehr im Wege, nachdem sein Widersacher, der bisherige Amtsinhaber Laurent Gbagbo, verhaftet worden ist.
Doch ob die Anhänger von Gbagbo, der bei der Präsidentenwahl im November immerhin 46 Prozent der Stimmen erhielt, Ouattara jemals als ihr Staatsoberhaupt akzeptieren werden, ist in dem tief gespaltenen Land mehr als fraglich. Und noch ist keineswegs sicher, dass der Bürgerkrieg in dem Staat mit 20 Millionen Einwohnern endgültig ein Ende gefunden hat.
Denn die Milizen von Gbagbo sind weiter schwer bewaffnet und haben immer noch Teile der Metropole Abidjan, des wirtschaftlichen und politischen Zentrums des Landes, unter ihrer Kontrolle. Zwar haben sowohl Ouattara als auch Gbagbo nach seiner Verhaftung zu einem Ende der Kämpfe aufgerufen. Doch berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, dass im Viertel Yopougon weiter Milizen marodierten und laut Augenzeugen 14 Jugendliche erschossen wurden.
Außerdem hat der Bürgerkrieg, der bisher etwa 1500 Todesopfer gefordert hat, ethnische Rivalitäten angeheizt. Ouattara hat seine Machtbasis vor allem unter den Ethnien im vorwiegend moslemischen Norden des Landes, Gbagbos Anhänger befinden sich besonders im christlichen Süden. Sowohl den Truppen von Ouattara als auch den Gbagbo-Einheiten werden Massaker an Zivilisten vorgeworfen.
Erster Prüfstein
Ouattara hat nun in seiner ersten Fernsehansprache seit dem Sturz Gbagbos die Bildung einer "Wahrheits- und Versöhnungskommission" angekündigt. Diese soll die Gräueltaten an Zivilisten untersuchen.
Es wird laut Beobachtern ein erster Prüfstein für Ouattara sein, wie sehr auch seine eigenen Leute belangt werden, ob etwa die Rolle von Guillaume Soro bei den jüngsten brutalen Auseinandersetzungen in irgendeiner Form beleuchtet wird. Der ehemalige Rebellenanführer, der von Ouattara bereits zum Premier ernannt wurde, soll die jüngste Offensive gegen die Gbagbo-Truppen angeführt haben.
Ex-Präsident Gbagbo steht auf jeden Fall ein Prozess bevor. Es werde ein "Gerichtsverfahren gegen Laurent Gbagbo, seine Frau und ihre Anhänger" eingeleitet werden, verkündete Ouattara.
Was der ehemalige hohe Angestellte des Internationalen Währungsfonds politisch sonst vorhat, ist aber noch nicht ganz klar. In der Vergangenheit hatte Ouattara angedeutet, dass auch einige Gefolgsleute von Gbagbo an seiner Regierung teilnehmen können. Dies wäre wohl auch der einzige Weg, um das zerrissene Land wieder zu einen.
Fraglich ist aber, ob Leute aus Gbagbos Lager überhaupt mit Ouattara zusammenarbeiten wollen. Sie könnten sich auch für harte Oppositionspolitik entscheiden und etwa Ouattara in Form von Massenstreiks das Leben schwer machen. Und im schlimmsten Fall könnten sie auch bewaffnet gegen Ouattara vorgehen.
Laurent Gbagbo und seine Frau Simone wurden jedenfalls nach ihrer Verhaftung triumphal Fotografen vorgeführt. Laut offiziellen Versionen haben Ouattara-Soldaten den starrköpfigen Gbagbo, der sich trotz einer von der UNO beglaubigten Wahlniederlage weigerte zurückzutreten, samt Gemahlin festgenommen. Die Ex-Kolonialmacht Frankreich, die Soldaten im Land stationiert hat, war nach Regierungsangaben an der Festnahme nicht beteiligt. Gbagbos Berater und Frankreichs Ex-Außenminister Roland Dumas behaupten aber, dass sehr wohl französische Soldaten Gbagbo verhaftet hätten.
Hilfe von außen
Auf alle Fälle haben Frankreich als auch die im Land stationierte UN-Mission immer wieder in den Konflikt eingegriffen. Sie bombardierten Stellungen von Gbagbos Truppen mit der Begründung, Zivilisten zu schützen. Tatsächlich waren Gbagbos Einheiten und Jugendmilizen für ihre brutalen Übergriffe berüchtigt.
Klar ist laut Beobachtern aber auch, dass Ouattara ohne die Hilfe von Frankreich und der UNO den Machtkampf nicht so schnell gewinnen hätte können. Auch das unterminiert die Legitimität des Wahlsiegers bei den seit Monaten nationalistisch aufgehetzten Anhängern von Gbagbo. Sie sehen in Ouattara die Marionette westlicher, neokolonialer Interessen.