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Gesetze sind dazu da, sie zu befolgen oder zu übertreten - oder, wenn man sie selbst macht, sind Gesetze dazu da, sie einfach zu ignorieren.
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Wer falsch parkt, bekommt einen Strafzettel - er hat ein Gesetz übertreten. Das ist normal, für die meisten jedenfalls.
Gehen wir zurück ins Jahr 2000 - ein in der Gesundheitspolitik besonderes Jahr. Nach langen Verhandlungen haben sich die hohen Politiker der Länder und des Bundes geeinigt, die Gesundheitsplanung komplett neu zu gestaltet.
Bis dahin gab es den Österreichischen Krankenanstalten Plan (Ökap). Darin enthalten waren alle Krankenhäuser mit einer fixierten Anzahl an Betten. Die Zahl wurde einerseits wissenschaftlich errechnet, andererseits politisch verhandelt. Ziel war es, die stationäre Versorgung - und ausschließlich diese - in einen vernünftigen Rahmen zu bringen. Nun gut, um die Wahrheit zu sagen, an den Ökap hat sich sowieso niemand gehalten. Jedes Bundesland, ja beinahe jedes einzelne Krankenhaus, hat trotzdem gemacht, was es wollte - meist wider die Vernunft. Und wenn was nicht Ökap-konform war, dann hat man die Politik losgeschickt, um den Ökap umschreiben zu lassen. Einmal wurde der Plan sogar evaluiert. Das Ergebnis war so desaströs, dass man sich hinter verschlossenen Türen geeinigt hat, einfach so zu tun, als ob es das gar nicht gäbe - muss ja keiner wissen, dass man sich an die eigenen Pläne nicht hält.
Aber ab 2000 wird alles anders. Ein entscheidender Paradigmenwechsel in der Gesundheitsplanung ist eingeleitet worden: Die herkömmliche Planung wird durch eine gemeinsame, einheitliche, auf der bedarfsorientierten Leistungsangebotsplanung basierende Rahmenplanung aller Teilbereiche abgelöst. Die Planung umfasst so die stationäre und die ambulante Versorgung, die Rehabilitation und sogar ein bisschen die Pflege. Sie plant auch nicht mehr Betten, sondern soll vom Patienten ausgehend jene Leistungen planen, die man braucht, um eine gute Versorgung zu erreichen. Die Leistungen selbst dürfen nur erbracht werden, wenn man dafür auch bestimmte Qualitätskriterien erfüllen kann. Somit soll die Planung erstmals das gesamte Gesundheitswesen quantitativ und qualitativ umfassen.
Unzählige Arbeitsgruppen haben getagt und Projekte wurden gestartet. In einem fünfjährigen Prozess, der so zwei, drei Millionen Euro gekostet haben dürfte, wurde der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) entwickelt. In der Endphase - ab Mitte 2005 - jagt eine Sitzung die andere. Die Politik - obwohl in den gesamten Prozess eingebunden - hat am Ende noch jede Menge Änderungswünsche parat, die oft auch durchgesetzt werden. Wie auch immer, mit großem Pomp wurde die Gesundheitsreform 2005 beschlossen und als großer Wurf verkauft. Jedes Bundesland hat in seinen Landesgesetzen festgelegt, dass der ÖSG geltendes Recht ist.
Heute, 2008, schaut man nach, was denn umgesetzt wurde. Und siehe da: kaum etwas. Obwohl Gesetz, ist die Planung der Teilbereiche nicht aufeinander abgestimmt; Länder machen weiter die Krankenhäuser, die Kassen die niedergelassenen Ärzte, der Hauptverband die Rehabilitation und die Pflege - darüber ein Wort zu verlieren, ist unnötig. Qualitätskriterien, ebenfalls Gesetz, werden nicht eingehalten. Oder kennen Sie Krankenhäuser beziehungsweise Abteilungen, die, weil sie die zur Aufrechterhaltung der Qualität nötigen Fallzahlen - zum Beispiel bei Geburten - nicht erreichten, geschlossen wurden?
So endet wieder ein Kapitel. Und wir harren dem nächsten Gesundheitsreform-Gesetz, das auch wieder nicht umgesetzt wird - Gesetze gelten halt nur für Parksünder.