Zum Hauptinhalt springen

ÖVAG versenkt 1,345 Milliarden

Von Karl Leban

Wirtschaft

Die Teilverstaatlichung wird gerade vorbereitet - Sesselrücken in Chefetagen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. "Wir wissen, dass wir noch keine Weltmeister sind." Das hatte ein Sprecher der Volksbanken AG (ÖVAG) erst vor ein paar Monaten zur "Wiener Zeitung" gesagt. Dabei hatte er freilich stark übertrieben - was den tatsächlichen Zustand des seit Jahren kriselnden Volksbanken-Leitinstituts betrifft. Denn mittlerweile ist die Schieflage so groß, dass nur noch ein radikaler Kapitalschnitt, weitere Finanzhilfen des Bundes sowie eine Teilverstaatlichung die ÖVAG vor dem Crash bewahren.

Dass Bank-Chef Gerald Wenzel als Sanierer gescheitert ist, zeigt jedenfalls die vorläufige Bilanz für 2011: Sie ist mit blutroten Zahlen gespickt. In ihrem Einzelabschluss weist die ÖVAG einen Rekordverlust in Höhe von 1,345 Milliarden Euro aus, wie sie am Donnerstag mitteilte. Ein dickes Minus prangt mit nahezu einer Milliarde Euro (959 Millionen) auch in der Konzernbilanz.

Grund für das Desaster waren vor allem hohe Abwertungen von Firmenbeteiligungen (auch in Osteuropa), die unterm Strich 880,5 Millionen Euro ausmachten. Dazu kamen noch Vorsorgen für Länderrisiken im Volumen von 337 Millionen Euro, wovon allein 160 Millionen Euro auf Wertberichtigungen griechischer Staatsanleihen entfielen. Daneben bescherte auch der vor kurzem abgeschlossene Verkauf der Osteuropa-Sparte Volksbank International an die russische Sberbank mit 160 Millionen Euro Verlust einen größeren Minusposten in der Bilanz. Dem nicht genug musste die ÖVAG ihr Partizipationskapital - 142,5 Millionen Euro - bei der Krisenbank Kommunalkredit, die einst ihr gehörte, seit 2008 aber notverstaatlicht ist, auf null abschreiben.

Schnitt - und Vitaminspritze

Was der ramponierten Volksbanken AG nun wieder Luft verschaffen soll, ist ein Kapitalschnitt von 70 Prozent. Der soll am 26. April von der Hauptversammlung abgesegnet werden und den vorläufigen Milliardenverlust laut ÖVAG auf minus 53,5 Millionen Euro zusammenschmelzen lassen.

Für den Steuerzahler bedeutet der Kapitalschnitt freilich: Von den 1000 Millionen Euro Staatskapital, die der Bank vor drei Jahren bereits zugeschossen wurden, sind exakt 700 Millionen Euro, salopp gesagt, futsch. Zudem muss der Staat dem Institut über eine Kapitalerhöhung frisches Geld zuführen - in welcher Höhe, ist noch unklar.

Im Gegenzug übernimmt er bei der Volksbanken AG fast die Hälfte der Anteile, auf alle Fälle mehr als 40 Prozent. Die 62 regionalen Volksbanken aus den Bundesländern behalten indes die Mehrheit. Von ihnen wird jetzt verlangt, gemeinsam mit ihrem Spitzeninstitut einen neuen Haftungsverbund auf die Beine zu stellen, in dem alle Institute wechselseitig füreinander haften sollen. Das Modell soll den Volksbanken-Sektor vor den Auswüchsen zukünftiger Krisen besser schützen.

Vorerst aber fehlt ihm noch die ungeteilte Zustimmung. Vor allem ein Volksbank-Institut tanzt derzeit aus der Reihe und legt sich gegen die nachdrücklich geforderte Verbundlösung quer. Nach Informationen der "Wiener Zeitung" ist dies die Volksbank Tirol Innsbruck-Schwaz. Eine Stellungnahme des Instituts war am Donnerstag nicht zu bekommen.

Personelle Runderneuerung

In den Gremien der ÖVAG löst deren Teilverstaatlichung ein großes Sesselrücken aus. Fix ist unterdessen, dass Gertrude Tumpel-Gugerell, die frühere EZB-Direktorin, das Chefamt im Aufsichtsrat übernimmt (die "Wiener Zeitung" berichtete in ihrer Mittwoch-Ausgabe exklusiv). Ihre Wahl zur Präsidentin ist in der Hauptversammlung der ÖVAG am 26. April nur noch Formsache. Der langjährige Aufsichtsratschef, Volksbanken-Verbandsanwalt Hans Hofinger, geht - so wie einige andere bisherige Aufsichtsräte, die der Bund durch eigene Leute ersetzt.

Noch offen ist hingegen, ob der einstige Bawag-Vize Stephan Koren im Chefsessel des ÖVAG-Vorstands Platz nimmt. Der ÖVP-nahe Banker gilt als Wunschkandidat von Finanzministerin Maria Fekter. Wer Wenzel beerbt, muss rasch entschieden werden. Dessen Vertrag endet am 30. April.