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ÖVP-Ausschluss vorgeschlagen

Von Patrick Krammer und Simon Rosner

Politik

Thomas Schmid soll ausgeschlossen werden. Andere Fälle hat der ÖVP-Ethikrat nicht überprüft.


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Vor einem Jahr, wenige Tage nach dem Rücktritt von Sebastian Kurz als Kanzler, verurteilte der seit 2012 bestehende Ethikrat der ÖVP "die Wortwahl und den mangelnden Respekt in einigen der an die Öffentlichkeit gelangten Chats". Sie seien "völlig unangemessen und abzulehnen" und widersprechen dem Verhaltenskodex der Volkspartei. Am Mittwoch ist das Gremium nun erneut zusammen getreten und unterstrich noch einmal diesen Grundsatzbeschluss, stellte aber gleichzeitig fest, dass "keine neuen Sachverhalte bezüglich aktueller und früherer VP-Funktionsträger*innen hervorgegangen" seien. Und man nahm zudem "mit Genugtuung" eine Rede von Parteichef Karl Nehammer zur Kenntnis, die man als "klare Aussage" interpretierte: "Die, die gefehlt haben, müssen dafür die Konsequenzen tragen", sagte der Bundeskanzler am 2. November im Nationalrat.

Der Ethikrat, dem die ehemalige steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic vorsteht, empfahl der ÖVP aber den Parteiausschluss von Thomas Schmid, und zwar "aufgrund seines Geständnisses schwerer Straftaten". Die Bundes-ÖVP unterstützt diese Forderung, jedoch kommt ihr dahingehend keine Kompetenz zu. Ex-Öbag-Manager Schmid ist Mitglied beim ÖAAB Wien. Was der Ethikrat aber darüber hinaus klarmachte: "Eine solche Vorgangsweise" - und gemeint ist damit der Parteiausschluss - "hat jetzt und in Zukunft für alle vergleichbaren Fälle erwiesenen schweren Fehlverhaltens zu gelten."

Dass seit dem Vorjahr keine "neuen Sachverhalte" bekannt geworden seien, ist eine eher freie Interpretation der Geschehnisse. Denn seit Oktober 2021 haben sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ausgeweitet, unter anderem auch auf ÖVP-Klubchef August Wöginger. Vor allem aber hat Schmid umfassend ausgesagt, wobei die ÖVP offenkundig nur den ihn selbst belastenden Aussagen Glauben schenkt.

Verdichtet hat sich seither aber jedenfalls der Eindruck der Parteibuchwirtschaft. Im Ethikkodex der Volkspartei wird diese explizit erwähnt. Funktionäre müssen demnach "für alle Bürger ansprechbar" sein, heißt es. "Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht zu unzulässiger Einflussnahme, inhaltlicher oder zeitlicher Bevorzugung insbesondere gegenüber Dritten kommt." Zu diesen Vorwürfen, von denen einige, aber nicht alle strafrechtlich relevant sind, hat sich der Ethikrat nicht geäußert.

Antikorruptionsexperte sieht Handlungsauftrag

Der Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler hält den Ausschluss von Thomas Schmid für durchaus gerechtfertigt. Immerhin habe Schmid strafbares Verhalten zugegeben, selbst wenn er als Kronzeuge am Ende nicht verurteilt werden würde. "Das ändert aber nichts an der Strafbarkeit seines Verhaltens", so Fiedler. Aber: "Es kann damit nicht sein Bewenden haben innerhalb der ÖVP", stellt der Ehrenpräsident von Transparency International Österreich auch fest. Der Ethikrat müsse sich auch mit ÖVP-Politikern in führender Position befassen und die Frage klären, dass jemand wie Schmid von der ÖVP zum Generalsekretär eines Ministeriums und Öbag-Chef werden konnte.

Fiedler erinnert daran, dass ÖVP-Politiker in einigen Fällen nur ihre persönliche Verantwortung bestreiten, nicht aber den Vorfall an sich. "Hier gibt es offenbar systemische Fehler, die dazu führen können, dass es zu solchen Dingen kommen kann und kommen konnte", sagt Fiedler, der warnt, dass es die ÖVP mit dem bevorstehenden Ausschluss Schmids dabei bewenden lasse. Es gebe "in der ÖVP Dinge, die es nicht geben sollte", angefangen von Chats bis zu Vorkommnissen, die sich aus diesen Chats ergeben. "Das einfach zu übergehen und das als Aufgabe der Staatsanwaltschaften und Gerichte zu sehen, ist zu billig", so Fiedler zur "Wiener Zeitung".

Wirtschaftsbund muss 770.000 Euro nachzahlen

Am gleichen Tag, als die ÖVP-Ethikkommission den Ausschluss von Schmid vorschlägt, kündigt der Vorarlberger Wirtschaftsbund an, 770.000 Euro an Steuern nachzahlen zu müssen. Grund für die Nachzahlung sind vor allem Vorgänge um Inserate in dem eigenen Magazin "Vorarlberger Wirtschaft", die Thema im ÖVP-U-Ausschuss waren und für die keine Umsatz- und Körperschaftssteuer gezahlt worden seien.