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ÖVP: "Ein Ziel, das uns gemeinsam Vorteile bringt"

Von NR-Abg. Michael Spindelegger

Europaarchiv

Im Regierungsübereinkommen wird unter dem ersten Punkt "Außen- und Europapolitik" ausgeführt: "Österreich steht mit den mittel- und osteuropäischen Kandidatenländern auch durch Geschichte und Kultur in einem besonderen Naheverhältnis. Die Bundesregierung wird daher unter Bedachtnahme auf gesamtösterreichische Anliegen und Wettbewerbsinteressen wie zum Beispiel Arbeitsplatz-, Umwelt- und Kernenergiesicherheit, Landwirtschaft, Verkehrsfragen und andere offene Probleme gegenüber einzelnen Beitrittskandidaten für den Erweiterungsprozess eintreten."


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Unter diesen Gesichtspunkten werden daher jetzt die nächsten Schritte vorbereitet. Dazu zählen für die Österreichische Volkspartei besonders folgende Punkte:

1. Der Erweiterungsprozess stellt die Europäische Union vor neue Herausforderungen besonderer Art. Eine Union, die gleichzeitig mit 12 Beitrittskandidaten verhandelt, muss Vorbereitungen interner Art für den Zeitpunkt ab der ersten Erweiterung treffen. So

müssen insbesondere die Institutionen der heutigen EU auf ihre Leistungsmöglichkeiten und Leistungsfähigkeit nach der Erweiterung untersucht werden. Entscheidungen müssen daher zunächst einmal in der Europäischen Union unter dem Titel einer Institutionenreform getroffen werden. Für Österreich ist in diesem Zusammenhang wichtig, dass Reformmaßnahmen für die Erweiterungsfähigkeit der heutigen EU nicht zu einer Entmachtung der kleinen Mitgliedsländer und zu einer Vormachtstellung der großen in der EU genutzt werden.

2. Für alle Beitrittskandidaten gelten die gleichen Spielregeln. Wer Mitglied in der Europäischen Union sein will, muss in der Lage sein, den Aquis Communitaire, also den gemeinsamen Rechtsbestand, zu übernehmen. Wer also etwa bei der Einführung des Binnenmarktes seine eigene Wirtschaftsstruktur überfordert, wäre nicht gut beraten, einen raschen Beitritt zur Europäischen Union anzustreben. Klar ist, dass natürlich jedem Beitrittswerber bei schwierigen Kapiteln des gemeinsamen Rechtsbestandes im Einzelfall auch Übergangsfristen eingeräumt werden können, wie das auch beim Beitritt der derzeitigen Mitglieder der EU der Fall gewesen ist. Bei den bisherigen Verhandlungen wurden die wirklich heiklen Kapiteln noch nicht angesprochen. Dazu zählen beispielsweise die Landwirtschaft, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer oder der Umweltschutz. Österreich sollte jedenfalls darauf drängen, dass auch die heiklen Materien angesprochen werden. Es ist allemal besser, über die Probleme zu reden, als diese vor sich herzuschieben.

3. Um wichtige Fragen mit unseren Nachbarn vorweg zu besprechen, bevor sie in Beitrttsverhandlungen zu Problemen werden, sollte Österreich die Kontakte auf Regierungs- und Parlamentarierebene mit unseren beitrittswilligen Nachbarn intensivieren. Ziel eines solchen breiten Dialoges wird es sein, auch schwierige Fragen wie die Zukunft der Kernenergie in Atomkraftwerken alter Bauart, die Aufarbeitung von Unrecht in der Vergangenheit oder die Problematik von Tagespendlern nach einem Beitritt auf zwischenstaatlicher Ebene einer Lösung zuzuführen.

Die Erweiterung der Europäischen Union ist die konsequente Fortsetzung, das Friedensprojekt Europa um einen wichtigen Schritt voranzubringen. Für Österreich eröffnet sich dabei die Chance, mit unseren Nachbarn in einer erweiterten Union einen neuen Wirtschafts-, Kultur und Lebensraum Mitteleuropa zu schaffen und künftig gemeinsame Interessen innerhalb einer großen Union voranzutreiben. Ein Ziel, das uns gemeinsam Vorteile bringen wird.