Spindelegger mit 95,5 Prozent neuer Parteichef. | Leistungsgerechtes und einfaches Steuersystem geplant. | Innsbruck. Die Volkspartei hat offenbar genug von den Streitereien der vergangenen Wochen und Monate. Beim Blitzparteitag in Innsbruck am Freitagnachmittag gab man sich demonstrativ geschlossen. Empfangen wurden die 492 Delegierten und zahlreichen Gäste vor dem Innsbrucker Congress bei strahlendem Wetter mit einer Tiroler Schützenkapelle, im Gebäude selbst zeigte Neo-Parteiobmann Michael Spindelegger Volksnähe. | Auszüge aus der Rede | Vakante Stellen als Sprecher für drei Bereiche | 'Ich zähle nicht Personen, ich zähle Ergebnisse'
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Lange vor Beginn der Veranstaltung nahm er ein Bad in der Menge und begrüßte jeden der Delegierten mit Handschlag.
Nicht so Josef Pröll: Der scheidende Parteichef, Vizekanzler und Finanzminister gab sich zugeknöpft und schien - so ganz anders als früher - den Kontakt meiden zu wollen. Nach seinem beidseitigen Lungeninfarkt schien er nichtsdestotrotz erholt und gelöst. Von den Delegierten wurde er mit freundlichem, wenn auch nicht frenetischem Applaus empfangen, hatte er doch schon vor seiner Erkrankung mit innerparteilichen Problemen zu kämpfen. In seiner Rede gab sich Pröll "bewegt", sprach über seine Zeit in der Regierung und meinte mit Blick auf die SPÖ, in der großen Koalition sei "einer auf der Bremse gestanden, während der andere versucht hat, Gas zu geben".
Klare Worte fand Pröll zu den internen Unstimmigkeiten: "Es geht nicht um Entlastung, es geht um Unterstützung, lernen wir aus der Diskussion der letzten Jahre", sagte er. Und er wünsche sich ein "absolut geschlossenes Signal" für seinen Nachfolger. Und dann gab es doch noch Standing Ovations und einen Hochstand aus Holz als Abschiedsgeschenk.
Mittelstandspartei
In seiner rund einstündigen Rede schnitt Spindelegger zahlreiche Themen an - von der Familie über die Steuern bis hin zur Integration. So positionierte der 51-Jährige die Volkspartei abermals als Mittelstandspartei, auch den einen oder anderen Seitenhieb auf den Koalitionspartner konnte er sich nicht verkneifen: "Andere wollen an der Belastungsschraube drehen, das wollen wir nicht", sagte er. Finanzministerin Maria Fekter werde ein "leistungsgerechtes und einfaches Steuersystem" erarbeiten.
Auch als Sicherheits-, Europa- und Wirtschaftspartei bezeichnete Spindelegger die ÖVP in seinem Streifzug durch die Ressorts. An Neo-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gewandt, meinte er: "So wie wir als Partei das Eigentum vor der SPÖ schützen müssen, musst du das Eigentum vor Kriminellen schützen" - und erntete damit freundliche Lacher. Überhaupt schien ihm das Publikum gewogen. Von der Spindelegger sonst nachgesagten Sprödheit war nichts zu merken. Solide und humorvoll, wenn auch ohne große Neuigkeiten absolvierte er seinen ersten großen Auftritt vor den Parteifreunden und holte zum Schluss noch einmal zum Rundumschlag gegen die anderen Parteien aus: "Strache ist gegen alles, Faymann ist oft für nichts, bei den Grünen ist alles umsonst, nur wir wissen, was wir wollen."
Unterstützung
Auch den zuletzt verschnupften Organisationen, den Steirern oder dem Bauernbund, versprach er Unterstützung. Die Delegierten dankten es ihm mit Standing Ovations und einem Wahlergebnis von 95,5 Prozent der Stimmen. Damit liegt Spindelegger gleichauf mit Wolfgang Schüssel bei seiner ersten Kür 1995.
Die milde Freundlichkeit der Delegierten war bereits vor Beginn der Veranstaltung spürbar: Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich, der mit 93,7 Prozent die wenigsten Stimmen unter den vier Stellvertretern (Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner 95,1 Prozent, Finanzministerin Maria Fekter 96,9 Prozent und die Vorarlberger Kultur-Landesrätin Andrea Kaufmann 97,3 Prozent) erhielt, bezeichnete Spindelegger als den richtigen Mann, der ÖVP 2013 wieder das Kanzleramt zu verschaffen. Auch Bildungssprecher Werner Amon gab sich konziliant: Die Kritik von Hermann Schützenhöfer - der steirische Landesparteichef hatte gemeint, der ÖVP fehle die Themenführerschaft - wollte der Steirer nicht kommentieren. Schützenhöfer habe die Parole ausgegeben, dass Spindelegger unterstützt werden soll - "es ist üblich, dass die Delegierten dem folgen", so Amon lapidar.
Gefordert wurde am Parteitag jedenfalls Themensetting "in den Urthemen der ÖVP", wie es ein anderer steirischer Delegierter formulierte. Auch Ursula Stenzel, Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt, meinte, man müsse das Wort Leistung mit Leben erfüllen. Die ÖVP dürfe nicht "verwaschen und profillos sein, sonst wird sie als Partei überflüssig".
Spindelegger nahm seine Wahl dankbar an und erklärte: "Das gibt uns die Kraft, die wir jetzt brauchen. Der Auftrag ist, ab morgen für Österreich zu arbeiten."