Dass ÖVP-Spender Gegenleistungen erwarteten, würden wohl nur Fantasten abstreiten.
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Er werde "jeden verklagen", der behaupte, Spendengelder der Novomatic seien an die ÖVP oder an parteinahe Vereine geflossen, erklärte Finanzminister Gernot Blümel patzig vor versammelter Presse am 12. Februar, einen Tag, nachdem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bei ihm eine Hausdurchsuchung durchführen hatte lassen. Seither wird alles versucht, diese im heimischen Justizwesen bei begründetem Verdacht völlig legitime Maßnahme zur Wahrheitsfindung als politisch motivierte Attacke der "roten" WKStA gegen die arme ÖVP hinzustellen.
Dabei gab (gibt?) es, wie sich immer mehr herausstellt, eine sehr enge Beziehung zwischen der mächtigen Novomatic, dem größten Glücksspielkonzern Europas, und der ÖVP. Das reicht vom Sponsoring diverser Organisationen, bei denen Wolfgang Sobotka involviert ist, bis hin zu regelmäßigen Frühstücksaudienzen Sebastian Kurz’ bei Novomatic-Eigentümer Johann Graf.
Dass die ÖVP auf diesbezügliche Vorwürfe hier übersensibel reagiert, hat seine Gründe: Bereits im Wahlkampf 2017 hatte man doppelt so viel Geld im Wahlkampf ausgegeben, als erlaubt war, und wurde dazu zu einer Geldstrafe von 880.000 Euro verdonnert. Der Schuldenstand der Kurz-Truppe betrug damals gut 30 Millionen Euro - Geld, das man nicht zuletzt durch zahlreiche edle Spender hereinzubringen hoffte.
Und diese fanden sich zuhauf. Die von Medien 2019 aufgedeckte Liste der Gönner ist lang, darunter kleine Unternehmer mit ein paar tausend Euro, aber auch schwerreiche Familien wie die Ortners (Porr-Hauptaktionäre) oder die Millionenerbin Heidi Goess-Horten, die jeweils bis zu einer Million Euro hinblätterten, im Fall Goess-Horten praktisch gestückelt in monatliche 49.000-Euro-Tranchen, damit die Summe für den Rechnungshof unsichtbar bleiben konnte. Dass diese Leute sich für ihre Großherzigkeit gewisse Gegenleistungen erwartet haben (und erwarten), würden wohl nur Fantasten abstreiten.
Wie zur Bestätigung erfolgte im Sommer 2020 eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zum "Projekt Ballhausplatz", in der genau beschrieben wurde, wie ein kleiner Kreis Auserwählter um Parteichef Kurz zuerst innerhalb der ÖVP die Führung an sich gerissen hatte, um das Gleiche danach auch am Ballhausplatz im Bundeskanzleramt zu tun. Der offensichtliche Insider zeigte neben Kurz und Blümel auch Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, ÖVP-Generalsekretär Alexander Melchior und dessen Vorgänger Stefan Steiner an. Die Vorwürfe lauten auf Amtsmissbrauch, Korruption und Bildung einer kriminellen Vereinigung. Der Verfasser beschreibt detailliert, wie die Sponsoren bei Laune gehalten wurden, indem man ihnen das Blaue vom Himmel versprach, eine Art "Kaufhaus Neue Volkspartei" sozusagen.
Erinnert man sich dann noch an die "Schredder-Affäre", bei der jüngsten Informationen zufolge doch Festplatten eines PC oder Laptops zerstört worden sein sollen, so formt sich ein Sittenbild, das in etwa dem entspricht, womit zwei ehemalige FPÖ-Spitzenpolitiker in Feierlaune eine falsche "Oligarchen-Nichte" beeindrucken wollten. Mit dem Unterschied, dass die "Causa ÖVP" sehr real erscheint.