Generalsekretärin Sachslehner: "Mehr als die Hälfte des Regierungsprogramms wurde umgesetzt." Zentrale Vorhaben sind aber noch offen.
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Zwei Drittel aller Vorhaben der türkis-grünen Bundesregierung seien bereits umgesetzt worden oder aktuell "in Arbeit", sagt Laura Sachslehner. Die Generalsekretärin der ÖVP lud am Montag zu einem Pressegespräch, um eine Zwischenbilanz der Regierungsarbeit aus Sicht der Volkspartei zu ziehen. Wenig verwunderlich fiel die Eigenanalyse ausnehmend positiv aus. Auf Nachfrage, wie viel tatsächlich umgesetzt und nicht nur "in Arbeit" sei, konkretisierte Sachslehner, dass dies auf die Mehrheit der Vorhaben zutreffe.
Pressegespräch und der Redaktionsschluss dieser Ausgabe lagen nur wenige Stunden auseinander. Und da das Regierungsprogramm weit mehr als 300 Seiten umfasst, war der Faktencheck dieser Behauptung nur eine oberflächliche Prüfung. Aber allein der Blick in die Kurzversion des Programms offenbarte, dass diese Rechnung nur quantitativ aufgeht - wenn überhaupt.
Etliche Punkte im Regierungsprogramm sind wenig konkret, bestehen aus Überschriften wie "kulturelles Erbe weiterentwickeln" oder "Stärkung der Grund- und Menschenrechte". Dass zahlreiche größere und umstrittene Projekte noch nicht umgesetzt sind, ist evident: die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, das neue Parteiengesetz, Reformen der Medienförderung, im Korruptionsrecht, im Finanzausgleich, beim Glücksspiel, im Verwaltungsstrafrecht und so weiter. Auch in ÖVP-Ressorts wurden zentrale Anliegen noch nicht umgesetzt, weder der "Plan T" im Tourismus, noch wurde die Standortstrategie "Österreich 2040" präsentiert. Beide zuständigen Ministerinnen sind nicht mehr im Amt.
Nein zu Änderungen im Staatsbürgerschaftsrecht
Sachslehner zählte bei den erledigten Vorhaben diverse Steuerentlastungen auf, dazu kostenlose Laptops und eine "Mint-Offensive" im Bildungsbereich, die Pflegereform, den Ausbau der Kinderbetreuung, mehr Geld für Gemeinden, Familien, Pensionisten, für die Studienbeihilfe und den Breitbandausbau. In der (nicht vollständigen) Aufzählung fanden sich fast ausschließlich kostenintensive Maßnahmen, die aber wenig strukturellen Reformcharakter aufweisen. Selbst die Pflegereform ist bisher vor allem mehr Geld, aber wenig Reform? "Da werden weitere Schritte folgen", so Sachslehner. Den Neubau des Verfassungsschutzes, das neue Urheberrecht und die Sterbehilfe erwähnte sie nicht. Letzteres freilich verständlich, da es für die ÖVP ein schwieriges Thema war, das aber innerparteilich ziemlich konfliktlos gelöst wurde. Insofern auch ein Erfolg.
Die Reform des Arbeitslosengeldes sieht die ÖVP in der Regierungsarbeit als nächsten großen Schritt, beim Staatsbürgerschaftsrecht verweigert sich die Kanzlerpartei gänzlich, auch wenn Bundespräsident Alexander Van der Bellen zuletzt Änderungsbedarf erkannt hatte.
Die ÖVP lehnt selbst kleine Änderungen ab, etwa beim Einkommenserfordernis. Bei der Rot-Weiß-Rot-Karte zur Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte wird diese Hürde gestrichen, nicht aber bei der Einbürgerung. "Das sind zwei unterschiedliche Dinge", sagte Sachslehner. Die im Gesetz verankerte Selbsterhaltungsfähigkeit als Voraussetzung für eine Einbürgerung solle bleiben. Aktuell müssen dafür nach Abzug von Mieten, Krediten und Alimenten monatlich rund 1.100 Euro netto übrig bleiben.(sir)