NGO: Umgehung von Exportzöllen sei "falsche Priorität und verfehlte Politik". | Entwicklungshilfe im Gegenzug für Rohstoff-Lieferung. | Brüssel. Eine negative Resonanz erhält die EU-Kommission für ihre Vorschläge, mit denen sie die Versorgung der EU mit Rohstoffen gewährleisten will. Es sei "sehr problematisch" dass die EU versuche, Druck auf die Entwicklungsländer auszuüben, sagt der Handelsexperte David Hachfeld von der Entwicklungshilfe-NGO Oxfam. Es handle sich um eine "verfehlte Politik und falsche Prioritätensetzung."
Wenngleich der von der EU eingeschlagene Weg in der Handelspolitik nicht neu ist - aber nun bekommt er formal eine weitere Legitimationsgrundlage. "Exportzölle für Entwicklungsländer sind ein berechtigtes Mittel für den Schutz ihrer Wirtschaft", meint Hachfeld. Die Union sieht das anders: Deshalb versuche die Kommission auf verschiedenen Ebenen gegen solche Exportbeschränkungen vorzugehen. Das gelinge zwar auf Ebene der Welthandelsorganisation WTO selten, bei Freihandelsabkommen auf bilateraler Ebene schon eher.
Doch genau darauf scheint die Kommission verstärkt zu setzen. Denn wie die "Wiener Zeitung" berichtete, plant die Kommission im Rennen um Rohstoffe, die für das Funktionieren der EU-Wirtschaft nötig sind, künftig weiter vorne mitzuspielen. Um die Versorgung mit Wolfram, Seltenen Erden und ähnlichen Bodenschätzen auf den internationalen Rohstoffmärkten zu gewährleisten, will die Kommission das Thema in alle Verhandlungen über Kooperationen und Handelserleichterungen mit Drittstaaten aufnehmen. Entwicklungshilfe für arme Herkunftsländer - speziell in Afrika - könnte von Rohstofflieferungen als Gegenleistung abhängig gemacht werden.
Exporte vor den Richter
Und mächtige Förderländer wie China hat die EU gemeinsam mit den USA und Mexiko schon einmal wegen unlauteren Exportquoten und -zöllen für Bodenschätze vor die WTO zitiert. Bei jedem Bruch der Regeln werde man davor auch künftig nicht zurückschrecken und schließe auch weitere rechtliche Konsequenzen nicht aus.
Zur Not muss offensichtlich auch der Naturschutz hinten anstehen. Der Bergbau "in oder nahe einem Natura 2000-Gebiet", wird in einem internen Kommissionspapier ausdrücklich nicht ausgeschlossen.
Hachfeld erinnert daran, dass in der EU im Vergleich ein Überkonsum der Rohstoffe stattfindet. Ein Europäer verbrauche im Schnitt vier Mal so viele wie durchschnittlich ein Afrikaner und drei Mal so viel wie ein Asiate. Der erste Schritt müsse daher sein, die eigene Wirtschaft auf ein ressourcenarmes Modell umzustellen. Schließlich seien die Rohstoffe ohnedies begrenzt. Wenn dieser Schritt gemacht würde, könnte man in einem zweiten Schritt darüber nachdenken, wie man auf multilateraler Ebene für eine faire Verteilung der Rohstoffe und eine langfristige Nutzung sorgen könne. Dann wären auch Kooperationen mit Herkunftsländern über die gemeinsame Ausarbeitung nachhaltiger Rohstoffförderung vorstellbar. "So ein Regime kann es aber nur geben, wenn man es nicht versucht mit unilateraler Machtpolitik durchzusetzen", so Hachfeld.