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"Oxi"? Oder doch "Nai"?

Von Hans Hochstöger (Text und Fotos)

Politik

Wie Griechenland abstimmen wird: Die Wähler der Stadt Vólos geben Auskunft.


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Vólos. Am Wochenende soll die griechische Bevölkerung nach dem Willen von Premier Alexis Tsipras über die Vorschläge der Geldgeber abstimmen. Doch wie ticken die griechischen Wählerinnen und Wähler? Wie lebt es sich in einem Land nach fast fünf Jahren harter Sparpolitik?

Neun griechische Gesprächspartner geben Auskunft. Sie kommen aus verschiedenen sozialen Schichten und gehören unterschiedlichen Altersgruppen an.

Was die Befragten eint, ist ihr Wohnort: Sie alle leben in der griechische Hafenstadt Vólos am Pagasitischen Golf in der Region Thessalien. Das eigentliche Stadtgebiet zählte im Jahr 86.046 Einwohner (2011), in Gemeindegebiet leben 144.449 Menschen.
Durch seine Lage verfügt Vólos einen geschützten Naturhafen. Der Hafen spielt für die Fischerei, den Fährverkehr zu der nahegelegenen Inselgruppe der Sporaden sowie für den Handel eine wichtige Rolle. Der rund 30 Kilometer südwestlich gelegene Flughafen Nea Anchialos diente in früherer Zeit ausschließlich der griechischen Luftwaffe, wird aber heute in der Sommersaison vom Flughafen Frankfurt-Hahn und Nürnberg aus von Budget-Fluglinien angeflogen.

Vólos ist heute ein wichtiges Zentrum der Rüstungsindustrie in Griechenland, hier befindet sich der Sitz der 2001 gegründeten Hellenic Defence Vehicle Systems S.A, einer Tochtergesellschaft von Krauss-Maffei Wegmann. Das deutsche Unternehmen ist in Europa vor allem für die Produktion des Leopard-Panzers bekannt.

Im Wahlvolk herrscht Konfusion und Unsicherheit

Im Wahlvolk herrscht zum Teil Konfusion und Unsicherheit über das bevorstehende Referendum. Der griechische Premier Alexis Tsipras hat den Griechen die Volksabstimmung als Befreiungsschlag vermitteln. Er wirbt dafür, das vorliegende Rettungspaket der EU-Geberländer abzulehnen, und erklärt, auf diese Weise ein gestärktes Verhandlungsmandat mit seinen europäischen Partnern zu bekommen. Die meisten EU-Mitgliedsländer, allem voran Deutschland, kommunizieren der griechischen Bevölkerung, dass das Referendum nichts anderes sei als eine Abstimmung über Griechenlands Verbleib in oder Austritt aus der Eurozone. Auf europäischer Ebene hat sich eine breite Front gebildet, die bei den Griechen für ein "Ja" werben. Vom Ausgang des Referendums wird es abhängen, ob und wie Athen und seine internationalen Gläubiger künftig über weitere Hilfen für das von Krisen geschüttelte Land beraten werden.

Dass die europäischen Partner zwei Tage vor dem Referendum Alexis Tsipras bei seiner Forderung von nach einem Schuldenschnitt entgegenkommen würden, war bisher allerdings nicht zu erkennen. Tsipras hatte ja bei einer TV-Ansprache am Freitag gefordert, die Verbindlichkeiten um 30 Prozent zu reduzieren, zudem verlangte der Linkspolitiker für den übrigen Schuldendienst eine "Gnadenfrist von 20 Jahren".

Die griechischen Staatsschulden belaufen sich derzeit auf rund 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Das bisherige Hilfsprogramm der Geldgeber lief vor dem 1. Juli aus. Am Freitag stellte der Euro-Rettungsfonds EFSF einen Zahlungsausfall Griechenlands fest. Ein paar Tage davor war Griechenland beim Internationalen Währungsfonds (IWF) in Zahlungsverzug geraten.

Die griechische Regierung musste daraufhin Kapitalverkehrskontrollen verhängen, die Bankomaten spucken nur mehr 60 Euro pro Tag aus. Anfangs bildeten sich lange Schlangen vor den Banken, die Lage hat sich seither aber wieder etwas beruhigt. Der Tourismus ist eine der wichtigsten Lebensadern der griechischen Wirtschaft. Daraufhin sind nach jüngsten Informationen nun - nach einem bisher gut gelaufenen Tourismusjahr - die Last-Minute-Buchungen eingebrochen. Droht Vólos nun weiteres Ungemach?

Die Antworten der Bürger