Ministerrat beschließt Steuerreform - vor dem Bundeskanzleramt protestierten 500 Wirte.
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Wien. Die Regierung hat Dienstag die Eckpunkte der Steuerreform beschlossen. "Plangemäß, termingemäß", wie Kanzler Werner Faymann (SPÖ) nach der Regierungssitzung betonte. Gemeinsam mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) verteidigte er die Reform gegen Kritiker. Dass man den vor dem Kanzleramt protestierenden Wirten bei der Mehrwertsteuer noch entgegenkommen könnte, schloss Mitterlehner aus.
"Das ist eine Prinzipienfrage im Politbereich, dass wir hier die Linie halten müssen", so der Vizekanzler. Ansonsten würden auch die anderen bei der Mehrwertsteuer betroffenen Gruppen auf eine Rücknahme pochen. Auch bei der Betrugsbekämpfung soll es laut Faymann keine grundsätzlichen Änderungen geben. Sehr wohl möglich sind aus Mitterlehners Sicht Präzisierungen bei der Abschreibung von Gebäuden und bei der Grunderwerbsteuer. Hier sollen Mehrbelastungen für Familienbetriebe vermieden werden.
Keine Zweifel an Gegenfinanzierung
Das volle Volumen der Gegenfinanzierung wird laut Faymann "am Ende der Periode" erreicht. Expertenzweifel - etwa an der Selbstfinanzierung der Reform - wies er zurück und verwies auf entsprechende Berechnungen des Finanzministeriums.
Zufrieden zeigte sich Faymann, dass die Reform fristgerecht am 17. März beschlossen wurde. "Es ist ein wichtiger Tag für das Vertrauen in die Politik: man nimmt sich einen Termin vor und man hält ihn ein." Einmal mehr betonte Faymann, dass es sich um die größte Lohnsteuersenkung der Zweiten Republik handle. Dass die Reform 1975 größer gewesen sei, wies Mitterlehner zurück und verwies darauf, dass es auch damals eine Gegenfinanzierung gegeben habe.
Kritik des damaligen Finanzminister Hannes Androsch (SPÖ) an der nun geplanten Anhebung der ermäßigten Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen wies Mitterlehner zurück. Denn 1975 habe Androsch selbst die Mehrwertsteuer um zwei Prozent erhöht, so der Vizekanzler. Auch gegen innerparteiliche Kritik nahm Mitterlehner die Reform in Schutz: Es sei "für niemand eine existenzielle Bedrohung" zu befürchten und 4.000 Euro Grunderwerbsteuer seien einmal im Leben "durchaus finanzierbar". Von den vor dem Kanzleramt lautstark protestierenden Wirten hätte sich Mitterlehner gewünscht, "dass man die Angelegenheit im Gespräch angeht und dann gegebenenfalls noch demonstriert."
Keine Reform ohne Kompromisse
Dass man bei der Steuerreform Kompromisse eingehen musste (Stichwort: Abkehr von Vermögens- und Erbschaftssteuer), verteidigte Faymann: "Hätte jeder vom Anfang bis zum Schluss nur seine eigene Meinung wiederholt, wäre nie eine Einigung zustande gekommen." Einmal mehr betonte er die Bereitschaft zu weiteren Reformen bei Bildung und Forschung.
Expertenratschlägen, die Begünstigung des 13./14. Monatsgehalts zu streichen, kann Mitterlehner angesichts des absehbaren Widerstands naturgemäß wenig abgewinnen: "Den 13./14. soll sich dann eine andere Regierung vornehmen. Grundsätzlich richtig, praktisch schwierig."
Protest vor dem Bundeskanzleramt
Vor dem Ministerrat waren 500 Wirte vor dem Kanzleramt aufmarschiert, um gegen aus ihrer Sicht drohende Belastungen zu demonstrieren. Pikant dabei: Die von der Wirtschaftskammer gestalteten Plakate richteten sich gegen Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) - früher selbst Vizegeneralsekretär der Kammer.
"Django, spiel mir das Lied vom Wirtetod", stand auf den Plakaten zu lesen - in Anspielung auf Mitterlehners CV-Namen. Mit durchgestrichenen 13ern protestierten die Wirte auch gegen die angekündigte höhere Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen. Als "Totengräber der Tourismuswirtschaft" wurde die Regierung auf anderen Plakaten bezeichnet.
Lopatka: VP-Klub wird zustimmen
VP-Klubchef Reinhold Lopatka rechnet trotz der Proteste mit der Zustimmung seiner Abgeordneten im Nationalrat. Im Klub sei "von Aufstand nicht die Rede, sondern von Zustimmung", betonte der VP-Klubchef, angesprochen auf Widerstände im Wirtschaftsbund gegen die Steuerreform. "Die Abgeordneten werden der Vorlage zustimmen", kündigte der Klubchef an.
Kein Aufschnüren des Reformpakets
"Aufschnüren kann man sich abschminken", richtete SP-Klubchef Andreas Schieder Kritikern der Regierungspläne vor dem Ministerrat aus. Auch Infrastrukturminister Alois Stöger (SPÖ) kann sich Nachverhandlungen nicht vorstellen. Lopatka betonte immerhin, dass Präzisierungen im parlamentarischen Prozess möglich seien. Wobei Schieder festhielt, dass die Erhöhung der ermäßigten Mehrwertsteuer - u.a. auf Hotelübernachtungen - ohnehin erst im Frühjahr schlagend werde. Dies sei bereits ein Entgegenkommen.
Kanzleramts-Staatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ) präzisierte die Pläne der Regierung zur Betrugsbekämpfung. So soll die Registrierkassenpflicht künftig für alle Betriebe gelten, die überwiegende Bargeld-Umsätze von mehr als 15.000 Euro machen. Betroffen sein könnten also auch Privatärzte, Tierärzte und sonstige Berufsgruppen. Ausnahmen sind u.a. für Maronibrater vorgesehen.