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Pakistan: Bürgerkrieg im Swat-Tal

Von WZ-Korrespondentin Agnes Tandler

Politik

Pakistans Militär geht gegen die Taliban vor. | Neu Delhi. Pakistanische Militärhubschrauber kreisten am Mittwoch über Mingora, der Hauptstadt des Swat-Tales. Aus der Luft beschossen und bombardierten die Soldaten Verstecke der Taliban. Mehr als hundert Menschen wurden nach offiziellen Angaben bei der Offensive bislang getötet, darunter viele Zivilisten. Die Extremisten hatten bereits in der Nacht Schlüsseleinrichtungen wie Kraftwerke, Polizeiwachen und Regierungsgebäude eingenommen und sich dort verschanzt. Die Offensive erfolgt zeitgleich mit dem Antrittsbesuch von Pakistans Präsident Asif Ali Zardari im Weißen Haus in Washington. US-Präsident Barack Obama will das von Wirtschaftskrise und Terror heimgesuchte Land mit umfangreichen Hilfen unterstützen, verlangt von Pakistan aber auch konkrete Erfolge im Kampf gegen die islamistische Gefahr.


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Die Offensive der Taliban erfolgt, nachdem die Kämpfer im Swat über Wochen die Regierung provoziert und vorgeführt hatten.

Anfang Februar hatte die Regierung mit den religiösen Hardlinern einen Friedensvertrag unterzeichnet. Unter diesem Deal sollte die Sharia, das islamische Recht, in der früheren Touristenregion etwa 120 Kilometer von der Hauptstadt Islamabad eingeführt werden.

Im Gegenzug sollten die Kämpfer ihre Waffen niederlegen. Bis zuletzt hatten sich die Taliban jedoch geweigert, dies zu tun. Sie eroberten vom Swat-Tal aus umliegende Bezirke und terrorisierten die Bevölkerung. Dies provozierte schließlich das Eingreifen des Militärs.

Bereits am Dienstag hatten die Behörden die Einwohner des Bergtales indirekt zur Flucht aufgefordert. Nach Schätzung von Pakistans Innenminister Rehman Malik könnten bis zu 500.000 Menschen die Region verlassen. Auch in umliegenden Bezirken gingen die Kämpfe zwischen Armee und Taliban weiter.

Die Extremisten wenden klassische Guerilla-Taktiken an und erschweren so den Kampf der Armee, die für einen konventionellen Krieg trainiert ist. Vor der Stadt Mingora haben die Taliban Landminen gelegt, um das Vorrücken der Truppen zu erschweren. Einwohner der Stadt berichteten dem pakistanischen Fernsehsender "Dawn", dass Kämpfer aus den Bergen gekommen seien und Häuser in der Stadt besetzt hätten. Die Taliban sollen die Menschen an der Flucht hindern und die Einwohner der Stadt als lebende Schutzschilde gegen die herannahenden Sicherheitskräfte missbrauchen.

Damit sind die schlimmsten Befürchtungen der Kritiker des Friedensdeals mit den Taliban wahr geworden. Diese hatten stets davor gewarnt, dass die Extremisten den Vertrag nur dazu nutzen würden, ihren Einfluss und ihre Stärke in der Region weiter auszubauen. Der Kampf gegen die Taliban im Swat dürfte dem Militär noch einiges Kopfzerbrechen bereiten.