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Politische Krise vorerst entschärft. | Die Tage von Präsident Asif Ali Zardari scheinen gezählt. | Neu Delhi. Es regnet rote Rosenblätter in Pakistan, Menschen tanzen auf der Straßen und schwenken Fahnen. Von Karachi bis zum Khyber-Pass bejubeln glückliche Anwälte und Aktivisten ihren Triumph: Der Oberste Richter des Landes wird wieder eingesetzt, den noch Ex-General Pervez Musharraf entlassen hatte. Am Montag in der Morgendämmerung beugte sich Premierminister Yusuf Raza Gillani dem Druck der Straße und gab bekannt, worauf so viele schon seit zwei Jahren gewartet hatten:
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Iftikhar Chaudhry, der Chef des Höchsten Gerichts von Pakistan, wird am 21. März zurück auf die Richterbank kommen. Damit ist eine politische Krise abgewendet.
Oppositionsführer Nawaz Sharif sagte daraufhin den geplanten Marsch vor das Gerichtsgebäude in der Hauptstadt Islamabad ab. "Wir haben gesagt, wir wollen eine unabhängige Richterschaft haben und Dank der Gnade Gottes haben wir das heute erreicht", erklärte der Chef der Muslim-Liga-N im pakistanischen TV.
Zehntausende zwangen Regierung in die Knie
Zehntausende Juristen und politische Aktivisten aus allen Teilen des Landes hatten am Donnerstag mit einem "langen Marsch" auf Islamabad begonnen, um die Einsetzung von Richter Chaudhry zu erreichen. Sie beschuldigten die Regierung, aus politischen Gründen an den neuen Richtern festzuhalten.
Die Richterbank hatten zuvor Nawaz Sharif und seinem Bruder Shabaz Sharif die Ausübung aller politischer Ämter untersagt und damit die Opposition durch einen kalten Putsch entmachtet. Die Muslim-Liga-N hatte sich daraufhin den Juristenprotesten angeschlossen. Im Laufe der viertägigen Proteste war die Regierung immer mehr in Bedrängnis geraten. Mit Massenverhaftungen, der Errichtung unzähliger Straßensperren und der Lahmlegung des Verkehrs im halben Land hatte sie sich immer mehr lächerlich gemacht.
Präsident Asif Ali Zardari hatte sich bis zum Schluss mit Händen und Füßen gegen die Wiedereinsetzung von Richter Chaudhry gewehrt. Die Entscheidung für eine unabhängige Justiz schwächt die Position Zardaris deutlich. Falls er auf seinem Posten bleibt, wird seine Macht als Präsident stark zurückgestutzt werden. Gleichzeitig wird die Rolle Sharifs im politischen Gefüge gestärkt. Es wird erwartet, dass die Sharif-Partei wieder die Regierung in der Punjab-Provinz stellt.
Zardari und Sharif sind politische Erzfeinde. Eine Koalition zwischen den beiden war nur wenige Wochen nach der Wahl im Februar 2008 an der Richterfrage zerbrochen. Zardari musste am Schluss offenbar auf Druck des Militärs Einlenken. Zuvor hatte es hektische Beratungen zwischen Regierung, Opposition und Armeechef Asfaq Kayani gegeben.
Auch die USA und andere Länder hatten Druck ausgeübt, um die volatile Lage im Land zu beruhigen und bürgerkriegsähnliche Zustande zu verhindern.
Die Rückkehr von Richter Chaudhry ist ein Meilenstein für die Demokratie in Pakistan. Der Sieg der Volksbewegung gibt der Richterschaft neues Selbstbewusstsein. Die Bewegung hat es nicht nur geschafft, Militärherrscher Musharraf aus dem Amt zu heben, sondern hat auch einen Präsidenten, der auf undemokratische Weise die Opposition kaltgestellt hat, in die Schranken verwiesen.
Ähnlich wie die Bürgerrechtsbewegung der DDR mit ihren Montagsdemonstrationen haben die Anwälte und Richter mit Geduld, persönlichen Opfern und Zivilcourage ein Exempel statuiert.
Analyse Seite 12
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