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Pakistans neu geeinte Opposition ist gespalten

Von WZ-Korrespondentin Agnes Tandler

Politik
PPP-Vizechef Asif Ali Zardari (links) und Ex-Premier Nawaz Sharif wollen eine Koalition eingehen. Foto: ap/Thian

Unklarheit, was mit Musharraf geschehen soll. | NeuDelhi. In Pakistan wollen die beiden großen Oppositionsparteien eine Koalition schmieden. Die früheren politischen Gegner eint kaum mehr als der Wille zur Macht. Schon die Frage nach der Zukunft von Präsident Pervez Musharraf birgt reichlich Konfliktpotenzial und bringt die Anwälte wieder auf die Straße.


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Sie haben "Ja" gesagt, aber es ist keine Liebesheirat zwischen den beiden großen Siegern der pakistanischen Wahlen. "Im Prinzip haben wir beschlossen, zusammenzuarbeiten", sagte der Vizechef der Pakistanischen Volkspartei (PPP), Asif Ali Zardari. Getragen von einer Welle der Sympathie nach der Ermordung von PPP-Chefin Benazir Bhutto hat die Partei 87 Sitze im neuen Parlament in Islamabad gewonnen. Zweiter Sieger ist mit 66 Sitzen die PML-N von Nawaz Sharif, der in den 90er Jahren zweimal Premierminister war. Gemeinsam wollen die beiden Parteien nun eine Regierung bilden.

Sprengstoff Musharraf

Doch die künftige Koalition hält einigen Sprengstoff bereit. Schon auf die erste große Frage, was mit Präsident Pervez Musharraf geschehen soll, gibt es keine gemeinsame Antwort. Die Musharraf nahestehende PML-Q ist der große Wahlverlierer. Mit nur 40 Sitzen bleibt ihr vermutlich nur die Oppositionsrolle.

Musharraf selbst stand nicht zur Wahl. Er hatte sich vom letzten Parlament für eine weitere Amtszeit bestätigen lassen, doch um die rechtliche Hürde für seine erneute Präsidentschaft zu nehmen, musste er erst den Notstand ausrufen und die Obersten Richter austauschen. PML-N-Chef Sharif will, dass die alten Richter zurückkommen. Und dass Musharraf geht: "Je eher, desto besser", sagt er. PPP-Vize Zardari ist da weniger deutlich.

Seine vage Haltung zur Zukunft Musharrafs und der abgesetzten Richter deckt sich mit den widersprüchlichen Signalen aus Washington. Präsident George W. Bush hat die künftige Regierung bereits aufgerufen, mit Musharraf zusammenzuarbeiten und die Rolle des Ex-Generals beim friedlichen Übergang von der Militärherrschaft zur Demokratie gelobt. Ende November hat Musharraf auf Druck des Westens seine Doppelrolle als Staats- und Armeechef aufgegeben, die er über acht Jahre inne hatte. Seither regiert er das Land in Zivil. Doch das ist für viele in Pakistan nicht gleich eine Übung in Demokratie.

Die Anwälte und Richter demonstrieren daher wieder auf den Straßen des Landes. Schon seit fast einem Jahr fordern sie den Rücktritt von Musharraf und mehr Demokratie. Die Köpfe ihrer Bewegung stehen immer noch unter Hausarrest - seit mehr als drei Monaten. Doch auffälligerweise dürfen sie seit der Wahl wieder Fernseh-Interviews geben und den sofortigen Rücktritt des Präsidenten fordern. Doch die Polizei prügelte auch jüngst wieder auf demonstrierende Juristen ein. Prompt sind die Medien wieder am Schicksal der Demokratiebewegung interessiert. Es ist offensichtlich, dass ein Keil zwischen die Oppositionsparteien, aber auch zwischen die PPP getrieben werden soll.

Unruhefaktor Richter

Der prominente Rechtsanwalt Aitazaz Ahsan, PPP-Mitglied und Sprecher der Anwaltsbewegung, der in seinem Haus in Lahore eingesperrt ist, fordert vehement die Wiedereinsetzung der etwa 60 abgesetzten Richter. Damit liegt er auf der Linie von PML-N-Führer Nawaz Sharif. Und Ahsan hat sich sogar von der pakistanischen Cricket-Legende Imran Khan als Premierminister-Kandidat für die PPP vorschlagen lassen. Die Richter bereiten jetzt nicht nur Musharraf, sondern auch der Opposition Kopfzerbrechen.