Dass sich die radikale Hamas dazu bereiterklärt hat, mit der viel moderateren Fatah über eine Beilegung des innerpalästinensischen Streits zu reden, ist aufschlussreich. Es zeigt, dass die Hamas-Scharfmacher, die im Gaza-Streifen das Sagen haben, längst nicht mehr so sicher im Sattel sitzen wie noch vor einigen Monaten.
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Die radikalen politischen Positionen der Hamas (Israel hat keine Existenzberechtigung und Gewalt ist ein legitimes politischen Mittel) haben zur Isolation des schmalen Küstenstreifens geführt. Eine Versorgungskrise ist die Folge, die von Tag zu Tag schlimmer wird. Der Bevölkerung im Gaza-Streifen fehlt es an dem Notwendigsten, sie lässt sich deshalb von der martialischen Propaganda der Hamas immer weniger beeindrucken und will endlich gefüllte Kühlschränke sehen. Zuletzt konnte sich die Hamas Sympathien sichern, indem sie es ermöglichte, dass Teile der Grenzmauer zu Ägypten gesprengt wurden. Jeder zweite Bewohner des ausgehungerten Gaza-Streifens nutzte die Möglichkeit zu einer ausgedehnten Einkaufstour.
Doch die Mauer ist mittlerweile wieder zu, die Vorräte aufgebraucht und die politische Lage die alte. Die Hamas ist unter Zugzwang und hat zumindest vordergründig eine Annäherung an die moderate Fatah vollzogen - was bei der Bevölkerung, die nach Harmonie und vor allem einem Ende der Isolation strebt, gut ankommen dürfte.
Die Fatah ist jetzt in einem Dilemma. Seit die Partei des Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas nichts mehr mit der Hamas zu tun hat, geht es im Fatah-regierten Westjordanland bergauf. Schließlich verkörpert man angesichts der grimmigen Hamas die einzige Alternative, was international Unterstützungen aller Art zur Folge hatte. Kehrt man jetzt zur Situation vor der Teilung in zwei Machtsphären zurück, hätte man in den Augen Israels und des Westens einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und wäre nicht mehr vertrauenswürdig.
Israel hat bereits angekündigt, dass die in Annapolis vereinbarten Gespräche vorbei wären, sobald die Koalition aus Fatah und Hamas wieder gebildet würde. Andererseits kann es zu keiner wirklichen Einigung zwischen Israelis und Palästinensern kommen, solange alle Vereinbarungen nur für einen Teil der Palästinenser Gültigkeit haben.
Jemens Präsident Ali Abdallah Saleh hatte aber ohnedies nicht den Fortschritt der Friedensgespräche im Sinn, als er zwischen den verfeindeten Palästinenserparteien vermittelte. Ihn leitet die Vorstellung, dass die Araber geeint effektiver gegen Israel - das nach den Vorstellungen des Jemen ausgelöscht werden muss - vorgehen könnten als gespalten. Doch auch in Israel ist der Wille zu Forschritten bei den Friedensgesprächen gering. Entgegen den geschlossenen Vereinbarungen hält Israel unverdrossen am Ausbau jüdischer Siedlungen in den Palästinenser-Gebieten fest.