Der Nahost-Friedensplan der USA stellt den Palästinensern blühende Landschaften in Aussicht. Doch diese glauben das nicht. Die USA werden im Nahen Osten nicht als neutrale Vermittler gesehen.
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Manama/Gaza/Wien. Der Plan verspricht fast paradiesische Zustände. Zehntausende Arbeitsplätze sollen geschaffen und eine moderne Universität gebaut werden, von den Häfen sollen Waren exportiert werden und auch die Gesundheitsversorgung soll, so heißt es in dem Papier, "qualitativ hochwertig" werden. Heute besteht der Gazastreifen hauptsächlich aus Sand und unfertigen Betonbauten, er ist ein dicht besiedeltes Gebiet, in dem es oft keinen Strom gibt und der Großteil der Bevölkerung bitterarm ist. Doch der Nahost-Plan von Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner stellt in Aussicht, dass diese unwirtliche Region in Zukunft glänzen wird wie Dubai oder Singapur. Denn insgesamt sollen internationale Investoren 50 Milliarden Dollar im Gazastreifen, im Westjordanland, Ägypten, Jordanien und dem Libanon investieren.
Diese Vision ist Teil des Friedensplans, oder, um es mit Trumps Worten zu sagen, des "Jahrhundertdeals", mit dem die USA den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern beenden wollen.Auf der Homepage des Weißen Hauses ist der Plan, garniert mit Fotos lächelnder Menschen, bereits nachzulesen. Und diesen Dienstag und Mittwoch präsentiert Kushner seinen Plan auf einer Konferenz in Bahrain.
Für diese hat sich einige Prominenz angesagt, etwa IWF-Chefin Christine Lagarde oder der britische Ex-Premier Tony Blair. Das Probleme der Konferenz ist aber, dass über anstatt mit den Palästinensern verhandelt wird. Denn die palästinensische Autonomiebehörde boykottiert die Zusammenkunft.
Die Palästinenser würden "nicht Sklaven und Diener" der US-Vermittler sein, sagte Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas. Es scheint absurd zu sein: Obwohl sein Volk leidet, lehnt Abbas ein Milliardengeschenk ab. Warum er das macht? Weil er auch eine politische Lösung sehen will. Freilich brauche man das Geld, sagte Abbas. Aber verhandeln wolle man erst, wenn Trump die Zwei-Staaten-Lösung unterstützt und den arabischen Ostteil Jerusalems als besetzt anerkennt. Den politischen Teil wollen die USA aber erst nachreichen, sagte Kushner. Und die Befürchtung unter den Palästinensern ist groß, dass die USA davon abrücken, dass neben dem israelischen auch ein eigener palästinensischer Staat bestehen soll.
Die US-Politik war für die Palästinenser ein Affront
Hier kommt ein tiefes Misstrauen gegenüber den USA zum Ausdruck: Sie werden von den Palästinensern überhaupt nicht als ehrlicher Makler wahrgenommen, der um eine faire Lösung bemüht ist. Und die USA unter Trump haben allen Grund dafür geliefert.
So versprechen sie den Palästinensern Milliarden, ohne dass klar ist, wie sich die Investoren dafür finden sollen, wenn die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen noch völlig unklar sind. Gleichzeitig aber haben die USA dem UNO-Flüchtlingsprogramm für Palästina (UNRWA) 300 Millionen Dollar gestrichen, weshalb dieses nun - gleichzeitig zu den Hochglanzpräsentationen in Bahrain - bei einer Konferenz in New York um Zuwendungen betteln muss. "Wir haben 280.000 Schüler im Gazastreifen. Zu welchen Schulen sollen sie gehen, wenn unsere schließen?", sagte der UNRWA-Generalkommissar Pierre Krähenbühl der Deutschen Presse-Agentur.
Darüber hinaus pflegen Trump und Israels rechtsgerichteter Premier Benjamin Netanyahu eine Männerfreundschaft. Und Trump hat politische Schritte gesetzt, die die Palästinenser nur als Affront ansehen konnten: So hatte er 2017 Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt und im Mai 2018 die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt.
Hier spiegelt sich wieder, wie Trump Politik macht: impulsiv, undiplomatisch und schnell die Seite einer Partei ergreifend. Das mag ihm zwar den Applaus von Verbündeten wie Netanyahu, der selbst eine Siedlung auf den Golanhöhe nach Trump benannt hat, einbringen. Doch es sorgt eben auch dafür, dass die USA unter Trump im Nahen Osten wieder viel mehr Partei statt Vermittler sind.
Das zeigt sich noch stärker im zweiten Konflikt, der die Region enorm destabilisiert: dem zwischen Iran und Saudi-Arabien. Riad und Teheran kämpfen um die Vorherrschaft in der Region, wie es sich etwa auf blutige Weise im Bürgerkriegsland Syrien zeigt, wo Iran hinter dem Diktator Baschar al-Assad steht und Saudi-Arabien lange Zeit die Opposition unterstützt hat. Trump hat hier eindeutig auf der Seite Saudi-Arabiens Position bezogen.
Trump will Iran mit Druck in die Knie zwingen
So führte ihn gleich sein erster Staatsbesuch in die saudische Hauptstadt Riad, von wo er mit Milliardendeals für die US-Rüstungsindustrie zurückkehrte. Mit dem Iran hat Trump hingegen sofort die Atomvereinbarung einseitig aufgekündigt.
Damit kehrte er die Politik seiner Vorgängers Barack Obama ins Genteil um. Die Obama-Administration wollte mit dem Atomdeal nicht nur die Aufrüstung des Irans stoppen. Dahinter stand auch der Gedanke, dass sich ohne einem Draht nach Teheran viele Konflikte im Nahen Osten nicht lösen lassen. Denn der Iran hat vielerorts seine Hände mit im Spiel. Sei es im Irak, wo er großen Einfluss auf schiitische Milizen und Politiker hat, sei es in den Palästinensergebieten, wo er enge Verbindungen zur Hamas pflegt.
Trump brandmarkt den Iran, den Israel als größte Bedrohung seiner Existenz ansieht, als "weltweit größten Unterstützer von Terror". Er will das Regime in Teheran mit Sanktionen in die Knie gezwungen - die nun wieder verschärft wurden, weil die USA dem Iran den Angriff auf zwei Tanker in der Straße für Hormuz vorwerfen. Irans Präsident Hassan Rouhani bezeichnete daraufhin das Weiße Hause als "geistig zurückgeblieben". Zudem kündigte der Iran an, weitere Verpflichtungen aus dem Atomabkommen als hinfällig zu betrachten.
Ohne Lösung in den großen Konflikten mit dem Iran, ohne Lösung zwischen Israel und den Palästinensern kann es im Nahen Osten keine Stabilität geben. Die USA setzen dabei offenbar auf zwei Mittel: Druck und Geld. Rätselhaft bleibt aber, ob und welche langfristigen politischen Konzepte sie haben.