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Pamuk irritiert Presse

Von WZ-Korrespondentin Eva Glauber

Europaarchiv

Orhan Pamuk bekam Friedenspreis. | Türkei "muss Platz in Europa haben". | Frankfurt/Main. Orhan Pamuk lobt die kulturelle Leistung Europas. "Die Orchestermusik, die Renaissancekunst und der Roman sind aus meiner Sicht die herausragenden Beiträge Europas zur Weltkultur", sagte der 53-Jährige gestern bei der Feier in der Frankfurter Paulskirche. Seine Ansprache widmete der Schriftsteller und Publizist über weite Strecken den Möglichkeiten von Romanen als "Schule des Denkens und Verstehens" für das Verständnis fremder Milieus.


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Pamuk warb um Verständnis für das Streben der Türkei in die EU. Zugleich bat er um Nachsicht mit der Verunsicherung, die für viele seiner Landsleute damit verbunden sei. Berechtigte Kritik an Demokratiedefiziten seines Landes dürfe allerdings nicht in antitürkische Ressentiments umschlagen.

Pamuk hatte auch eine unangenehme Botschaft an seine Zuhörer: "Ich teile die Wut vieler meiner Landsleute", unterstrich der Träger des bedeutendsten deutschen Kulturpreises. "Sie fühlen sich wie ein Mann, der neugierig und etwas ängstlich an eine Tür klopft. Doch er bekommt nur schöne Worte statt des Angebots einzutreten."

Eine Zeitungsdebatte vom Wochenende zeigt die Brisanz der diesjährigen Verleihung des Friedenspreises auch in Deutschland. Genüsslich zitiert die konservative "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) Stimmen in der Türkei, Pamuk habe die Kritik an den Massenmorden nur mit Blick auf den Literatur-Nobelpreis geäußert. Mit "schneller Schlauheit" rudere nun wieder zurück.

"Frustration der FAZ", vermutet die linke "Tageszeitung" dahinter, "dass sich der Autor nicht so leicht für die eigenen Zwecke vereinnahmen lässt, weil er sich dann doch als erklärter Befürworter eines EU-Beitritts der Türkei entpuppte."

Das zweite große Thema der Buchmesse, die am Sonntag nach fünf Tagen ihre Pforten schloss, war in diesem Jahr das Gastland (Süd-)Korea.

Insgesamt hat sich die Buchmesse wieder als Medienschau der Superlative dargestellt. Rund 7200 Aussteller aus mehr als 100 Ländern haben Zehntausende Neuerscheinungen präsentiert.