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Wie das Internet die Welt | der Wissenschaft verändert hat.
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Wien. Die Wissenschaft steht in einer neuen Beziehung zur Öffentlichkeit, "der Elfenbeinturm bekommt Fenster", ja sogar "Panoramafenster", durch die man von beiden Seiten gut sehen könne. Das Internet mit seinen sozialen Netzwerken habe die Welt der Wissenschaft verändert, und zwar nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ.
Das erklärte der Direktor des Instituts für Technikfolgenabschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Michael Nentwich, bei der 20. Veranstaltung des "Club Research" am Donnerstagabend in Wien. Jeder Wissenschafter sei heute ein "Cyber-Wissenschafter", denn praktisch jeder nutze das Internet bereits zur Beschaffung von Informationen oder zur Kommunikation mit Kollegen. Forschung, Publikationstätigkeit und Lehre seien von den neuen Technologien beeinflusst.
Aus Sicht von Nentwich, der im April mit seinem Karlsruher Kollegen René König ein neues Buch zu dieser Thematik ("Cyberscience 2.0", Campus Verlag) herausbringt, ermöglichen die neuen Web 2.0-Plattformen einen viel breiteren Meinungs- und Materialaustausch zu Forschungsarbeiten (inklusive Aufdeckung von Plagiaten). Fächer, bei denen man es nicht vermutet, etwa die Papyrologie sind hier besonders rege. Forscher, die an ihrer Einrichtung ein eher isoliertes Dasein führen, blühen durch die Internetkontakte mit Kollegen auf.
Arndt von Haeseler, Direktor des Zentrums für Integrative Bioinformatik in Wien, kann sich seine Arbeit ohne Zugang zu Daten aus anderen Labors und aus internationalen Genomdatenbanken gar nicht mehr vorstellen. Er plädiert dafür, dass Rohdaten von Forschungsprojekten grundsätzlich allgemein zugänglich gespeichert werden sollten.
"Open access" im Kommen
Sie hätten diese Entwicklung anfangs unterschätzt, erklärten unisono Christoph Kratky, Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, und Klaus-Rainer Brintzinger, Direktor der Bibliothek der Münchner Ludwig-Maximilian-Universität. Beide erwarten, dass sich auch die Welt der wissenschaftlichen Publikationen stark verändern wird. Der "open access" (offene Zugang) zu Studien, der erfahrungsgemäß zu mehr Zitierungen führt, was im Interesse der Wissenschafter liegt, sollte sich durchsetzen, auch wenn dann einzelne wissenschaftliche Verlage weniger glänzend als bisher verdienen werden. "Wissenschaft muss ein öffentliches Gut sein", betonte Brintzinger.