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Papandreou macht Rivalen zum neuen Finanzminister

Von Michael Schmölzer

Europaarchiv

Premier stand parteiintern unter Zugzwang. | Lambrinidis wird neuer Außenminister. | Athen. Der wegen der Schuldenkrise arg in Bedrängnis geratene griechische Premier Giorgos Papandreou hat seine Regierung umgebildet. Er opferte mit Giorgos Papakonstantinou den Architekten des strengen Sparprogramms der letzten Monate und übergab Verteidigungsminister Evangelos Venizelos das Finanzministerium.


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Der entthronte Sozialist und Säckelwart ist das erklärte Feindbild der griechischen Bevölkerung. Immerhin war er es, der die Löhne im öffentlichen Dienst drastisch gekürzt und gleichzeitig die Steuern mehrfach erhöht hat. Jetzt hat Papandreou den verhassten Minister aus der Schusslinie genommen und in das Umweltministerium abgeschoben.

Der Premier gab dabei nicht zuletzt dem Druck der Straße nach. Am Mittwoch hatte ein Generalstreik weite Teile des Landes lahmgelegt, es war in Athen zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen.

Die Ablöse Papakonstantinous ist Papandreou nicht leicht gefallen. Denn mit Venizelos hat er seinem stärksten innerparteilichen Konkurrenten - er gilt als Nummer zwei in der sozialistischen Pasok - zu noch mehr Einfluss verholfen.

Zugpferd für Rosskur

Nicht zuletzt deshalb hat Papandreou ursprünglich dem angesehenen früheren Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank, Lucas Papademos, den Vorzug gegeben. Er musste schließlich die Bahn für Venizelos frei machen, um den eigenen Rückhalt in der Pasok nicht zu verlieren. Papandreou hofft zugleich, mit dem neuen Finanzminister ein Zugpferd mit der nötigen innerparteilichen Unterstützung gefunden zu haben, um die anstehenden Einsparungen durchboxen zu können. Venizelos fällt die Aufgabe zu, ein 78 Milliarden Euro schweres Sparprogramm gegen den Widerstand der Bevölkerung in die Tat umsetzen zu müssen. Die Rosskur gilt in Finanzkreisen als einzige Möglichkeit, um den Bankrott des Landes abzuwenden. Die kompromisslose Durchsetzung eines strengen Austeritätskurses ist zudem Bedingung für weitere Finanzhilfen von der Europäischer Union und dem Internationalen Währungsfonds (IMF).

Den leidgeprüften Griechen stehen jetzt weitere Steuererhöhungen ins Haus, EU und IMF verlangen Ausgabenkürzungen und den Verkauf von öffentlichem Eigentum. Noch heuer sollen so mindestens 6,5 Milliarden Euro aufgebracht werden. Durch die Privatisierung von Staatsbetrieben erhofft man sich insgesamt 50 Milliarden.

Droutsas abgelöst

Zum neuen Verteidigungsminister ernannte Papandreou den bisherigen Vize-Ressortchef Panos Beglitis. Das Außenministerium besetzte der Premier ebenfalls neu, hier kommt mit dem Europaabgeordneten Stavros Lambrinidis ein Vertrauter des Regierungschefs zum Zug. Er löst Dimitris Droutsas ab, der in Wien die Mittelschule besucht und Jus studiert hat. Droutsas arbeitete auch für das Außenministerium, wo er als Rechtsberater für Ex-Minister Wolfgang Schüssel tätig war.

Porträt Seite 3