Einen Tag nach der Ernennung von 31 neuen Kardinälen - Vatikanologen sprechen von einer wichtigen Vorentscheidung für die nächste Papstwahl - berichtete Montag die italienische Tageszeitung "la Repubblica", Papst Johannes Paul II. habe seinen engsten Mitarbeitern anvertraut, dass er keine Auslandsreisen mehr unternehmen werde. "Die Slowakei war meine letzte Reise", soll das Kirchenoberhaupt gesagt haben. Der Vatikan kommentierte den Bericht nicht.
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Bei der viertägigen Reise in die Slowakei Mitte September hatte der Papst, der am 16. Oktober sein 25-jähriges Amtsjubiläum begeht, einen sehr geschwächten Eindruck gemacht. Dass er jetzt schon für den 21. Oktober das neunte Konsistorium seiner Amtszeit einberufen hat, in dem 31 Würdenträger den Kardinalspurpur erhalten werden, wird als weiteres Anzeichen dafür gewertet, dass sich seine Gesundheit zunehmend verschlechtert und er die Weichen für seine Nachfolge gestellt sehen will. Bisher war davon ausgegangen worden, dass erst im Februar neue Kardinäle ernannt werden sollten.
Mit den 31 nun ernannten Kardinälen ist die Zahl der von Johannes Paul II. in seiner Amtszeit ernannten Purpurträger auf 234 gestiegen. 58 von ihnen sind allerdings bereits wieder verstorben.
Das Kardinalskollegium besteht nunmehr aus 196 Kardinälen, von denen 18 noch von Papst Paul VI. und einer - Franz Kardinal König - von Papst Johannes XXIII. ernannt worden sind. 60 dieser Kardinäle sind allerdings bei einem künftigen Konklave schon derzeit nicht mehr wahlberechtigt, da sie das 80. Lebensjahr vollendet haben, vier weitere werden aus diesem Grund noch bis Jahresende aus einem eventuellen Konklave ausscheiden, zehn weitere werden 2004 80 Jahre alt.
Spekulationen gibt es im Vatikan über den Namen jenes Kardinals, den Johannes Paul II. Sonntag "in pectore" ernannt hat. In diesem Zusammenhang kursieren vor allem drei Namen, jener des Papst-Sekretärs Stanislaw Dziwisz, dessen Ernennung erwartet worden war, der des Erzbischofs von Moskau, Tadeusz Kondrusiewizc, und der des Erzbischofs von Hong Kong, Joseph Zen, der erst in den vergangenen Tagen im Vatikan zu Besuch war. Zen wird favorisiert, weil er sich derzeit in einer sehr delikaten Lage befindet. Einerseits opponiert er gegen die neuen Sicherheitsgesetze, die Peking in der ehemaligen britischen Kolonie einführen will, andererseits zeichnet sich eine Entspannung rund um die sogenannten offiziellen Bischöfe ab, die nicht vom Papst ernannt worden sind.
Unter den neu ernannten Kardinälen könnte auch der nächste Papst sein. Gute Chancen werden etwa, wenn der nächste Papst wieder ein Italiener sein sollte, dem Patriarchen von Venedig, Angelo Scola (61), eingeräumt, zumal im vorigen Jahrhundert drei seiner Vorgänger (Pius X., Johannes XXIII und Johannes Paul I.) zu Päpsten gewählt worden waren. Papabile wäre auch der "Außenminister" des Papstes, Jean-Louis Tauran (60), eines von sieben Kurienmitgliedern, die Kardinalspurpur erhalten und einer der prominentesten unter den neuen Kardinälen.
Jüngster der neuen Kardinäle ist der Erzbischof von Esztergom, Peter Erdö (51), der dieses Amt erst seit Jänner bekleidet. Mit 52, bzw. 54 Jahren folgen ihm der aus Marokko stammende Erzbischof von Lyon, Philippe Barbarin, der vor Jahren Aufsehen erregte, als er das Pflichtzölibat der Priester in Frage stellte, und der Zagreber Erzbischof Josip Bozanic.