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Papst Johannes Paul II. soll rasch selig werden

Von Peer Meinert

Politik

Päpste sind nicht abergläubisch, dürfen es schon von Amts wegen nicht sein. Deshalb macht es Papst Benedikt XVI. auch nichts aus, ausgerechnet am Freitag, dem 13., zwei so wichtige Entscheidungen zu verkünden. In Rom rätselt man darüber, welche die wichtigere sein dürfte: Das grüne Licht für die Seligsprechung seines Vorgängers Johannes Paul II. oder die Ernennung eines Bischofs aus dem ultra-liberalen San Francisco zum "obersten Glaubenshüter".


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Joseph Ratzinger, dem kühlen, stets abwägenden Deutschen, ist ein doppelter Coup gelungen. Muss sich die Kirche, dürfen sich die Gläubigen auf weitere Überraschungen einstellen?

Eine Seligsprechung des Polen Karol Wojtyla im Eiltempo - gar im Laufe von ein paar Monaten, statt erst nach Jahren? - wäre für die Kirche so etwas wie eine kleine Revolution. Zwar skandierten zehnttausende Gläubige schon bei der Beerdigung Johannes Pauls "Santo subito" (Sofort heilig). Doch gemeinhin betrachtet die Kirche und die Kurie solche emotionalen Aufwallungen eher mit Kühle: Schließlich richtet sie ihr Handeln nicht nach kurzfristigen Stimmungen, windigen Moden oder dem gerade aktuellen Zeitgeist aus - niemand betont das so häufig wie der gestrenge Ratzinger.

Papst Benedikt, als Kurienkardinal über 24 Jahre lang einer der engsten, wenn nicht der engste Vertraute Wojtylas, macht aus seiner Bewunderung für seinen Vorgänger kein Hehl. Wann immer er sich redend an die Öffentlichkeit wendet, lobt er erst mal ausführlich Johannes Paul. Dabei sind ansonsten in Rom schon mal durchaus kritische Töne an der Amtsführung des polnischen Charismatikers zu hören - so etwa, dass einige seiner Mega-Messen vor jubelndem Millionenpublikum "grenzwertig" gewesen seien, soll heißen, allzu große Spektakel.

Nicht weniger weitreichend ist Ratzingers erste, große Personalentscheidung: Einen Mann aus Amerika, aus dem verrückten, ultra-liberalen Kalifornien gar, als "obersten Glaubenshüter"¨- ein Wagnis, ein mutiger Schritt, den die wenigsten erwartet haben. Zwar gilt Erzbischof William Levada als Mann der streng konservativen "Ratzinger-Welt", wie es in Rom heißt. Beide kennen sich seit langen, können reibungslos zusammenarbeiten und auch menschlich stimmt die Chemie.

"Doch man mache sich mal die Unterschiede zwischen beiden Männern klar", forderte ein Theologe in Rom auf: Ratzinger kommt aus dem Flecken Marktl am Inn und verbrachte die letzten 20 Jahre hinter den dicken Mauern des Vatikans. Sein Nachfolger in der Glaubenskongregation war Bischof in der "Welthauptstadt der Homosexuellen" San Francisco. Das ganz besondere Milieu der Stadt, das extreme Laissez-faire, der "zügellose Individualismus" Kaliforniens - das habe womöglich Spuren im Denken des Neuen hinterlassen, wie manche in Rom hoffnungsvoll, andere eher besorgt vermerken.

Einen "Pragmatiker" nennen manche Levada - in Rom gilt das mitunter als feine Umschreibung für einen Mann des Wandels. Doch der Amerikaner wird jetzt in Rom die Macht des neuen Amtes zu spüren bekommen, "wie eine Zwangsjacke", wie es mitunter heißt. Ratzinger hingegen ist dieser "Zwangsjacke" nach mehr als 20 Jahren entkommen. "Die Konservativen werden sich noch wundern", meinte unlängst ein deutscher Vatikanmitarbeiter mit Blick auf den neuen Papst Ratzinger. Seinen ersten Coup hat der schon gelandet. dpa