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Papst schlägt Kirche

Von Bettina Figl

Politik

Im Glaubwürdigkeits-Ranking liegt Papst Franziskus auf Platz eins, die Kirche ist fast Schlusslicht.


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Wien. Was haben Angela Merkel, der Papst, das Rote Kreuz und die Polizei gemeinsam? Die österreichische Bevölkerung hält sie für besonders glaubwürdig. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Sozialforschungsinstituts Sora hervor. Gefragt wurde nach der Glaubwürdigkeit von Personen, Unternehmen und Institutionen.

Drastisch ist der Unterschied in der Wahrnehmung der katholischen Kirche und ihres aktuellen Oberhauptes: Fast 80 Prozent halten Papst Franziskus für "sehr oder ziemlich glaubwürdig". Die Kirche wird hingegen von den meisten als "wenig oder gar nicht glaubwürdig" empfunden. Laut den Studienautoren könnte das gute Abschneiden des Papstes damit zusammenhängen, dass er aktiv kommuniziert, sich mit kontroversen Ansichten aus dem Schatten der Institution löst und bereit ist, Fehler einzugestehen.

Als glaubwürdigste Politikerin gilt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, dicht gefolgt von Heinz Fischer. Den österreichischen Bundespräsidenten stufen mehr als zwei Drittel als glaubwürdig ein. Anders herum verhält es sich mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache: Nur ein Drittel hält ihn für glaubwürdig, im Glaubwürdigkeits-Ranking schneidet nur noch der russische Präsident Wladimir Putin noch schlechter ab. US-Präsident Barack Obama landete vor Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton im Mittelfeld. Unter den heimischen Politikern genießt nach Fischer ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner knapp vor Grünen-Chefin Eva Glawischnig die höchste Glaubwürdigkeit. Als sehr vertrauenswürdig gelten auch Teamchef Marcel Koller (Platz vier) und Dietrich Mateschitz (Platz fünf). Den Red-Bull-Chef halten bei den 16- bis 19-Jährigen aber nur noch die Hälfte für glaubwürdig. Im Unterhaltungsbereich hat Sängerin Conchita Wurst das Glaubwürdigkeits-Rennen gegen Andreas Gabalier hauchdünn für sich entschieden.

Wenig glaubwürdig:Regierung und EU-Kommission

Interessantes Detail: Gabalier-Fans halten tendenziell auch Strache und Putin für glaubwürdig, während Wurst-Anhänger eher Glawischnig oder Neos-Chef Matthias Strolz ihr Vertrauen schenken. Bei den Unternehmen gilt der eigene Stromversorger am glaubwürdigsten, gefolgt von drei Handelsketten. Nach Branchen betrachtet gilt der Lebensmittelhandel am glaubwürdigsten, am hinteren Ende rangieren Bankinstitute. "Das Vertrauen in die Banken hat durch die 2008 von den Banken ausgelöste Finanzkrise gelitten", sagt Sora-Geschäftsführer Christoph Hofinger. Bei öffentlichen Institutionen liegen das Rote Kreuz und die Polizei an der Spitze, gefolgt von Arbeiterkammer und - ex aequo - den Universitäten. Als wenig glaubwürdig gilt die österreichische Regierung, die katholische Kirche und - bei Weitem das Schlusslicht - die EU-Kommission. In Zeiten von TTIP, Medientransparenz und offengelegten Kalendern von EU-Politikern werde Glaubwürdigkeit und Transparenz immer wichtiger, glauben die Studienautoren, und diese könne "langfristig nur durch transparentes, klares und authentisches Handeln aufgebaut werden".

Die Studie basiert auf 750 Interviews, die Sora im Mai 2015 durchgeführt hat. Befragt wurden Österreicher ab 16 Jahren. Wie es um die Glaubwürdigkeit der Medien bestellt ist, wurde übrigens nicht untersucht, wäre aber ein "spannendes Thema für eine Folgestudie", so die Autoren.