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Paradies für Steuerflüchtlinge

Von WZ-Korrespondent Tobias Käufer

Politik

Rauschende Luxuspartys zeugen davon, dass Panama zu einem Hafen von dubiosem Reichtum wurde. Am Sonntag wählt das Land einen neuen Präsidenten. Wer immer auch gewinnt, er wird mit der EU einiges zu klären haben.


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Panama-Stadt. Auf der Terrasse des Trump Ocean Club herrscht eine ausgelassene Stimmung. Auffallend viele junge Damen feiern mit ebenso auffallend wenigen älteren Herren eine rauschende Poolparty. Es fließt Champagner, die Gesellschaft der ungleichen Paare lässt es sich gut gehen. Sogenannte Trump Attachés lesen den Partygästen jeden Wunsch von den Augen ab.

Von hier aus hat der zahlungskräftige Gast in Lateinamerikas höchstem Hotel eine atemberaubende Sicht über die Skyline von Panama-Stadt. Insgesamt 53 Banken kämpfen hier um die Kunden. Dabei hat das ganze mittelamerikanische Land gerade einmal gut drei Millionen Einwohner. Macht umgerechnet einen Bankenpalast für 47.000 Wahlberechtigte.

Doch die Panamaer sind nicht wirklich die Zielgruppe der in Glaspalästen und Hightech-Hochhäuser residierenden Banken. Vielmehr geht es ihnen um Kontoinhaber, denen es in der Schweiz oder Luxemburg zu heiß geworden ist, ein eigenes Schwarzgeldkonto zu unterhalten, seitdem dort die Banken auf eine Strategie der sauberen Konten setzen.

Vor ein paar Wochen kam das Geschäftsmodell von Panamas Banken auch in Deutschland kurz in die Diskussion, als bekannt wurde, dass CDU-Schatzmeister Helmut Linssen jahrelang Geld auf einem Schwarzgeldkonto in dem mittelamerikanischen Land geparkt hatte. Linssen musste daraufhin zurücktreten. Panamas Banken verschwanden wieder aus dem Fokus. Dabei lohnt sich ein Blick nach Mittelamerika.

Panama boomt: In kaum einer andere lateinamerikanischen Metropole wird so viel gebaut wie in der Hauptstadt des kleinen Landes, das vor allem wegen seines Panama-Kanals weltbekannt ist. Zehntausende neuer Apartments entstehen in neuen Wolkenkratzen. Preisklasse: ab 400.000 US- Dollar aufwärts. Auch US-Milliardär Donald Trump hat seine Milliarden-Investitionen in das Hotel um Luxusapartments ergänzt: "Wir wollen das Miami sein für alle die, die nicht nach Miami kommen können", erklärte Marketingdirektor Thierry Baurez gleich nach der Eröffnung des Luxushotels vor gut zwei Jahren. Die Zielgruppe der Trump Residences sind ausschließlich Millionäre. Woher sie ihr Geld haben, ist erst einmal zweitrangig. Ob Drogenbosse, Waffenhändler oder ganz einfach nur Steuerflüchtlinge - Moral und Ethik spielen bei Panamas rauschen Poolpartys keine Rolle.

Offiziell hat sich Panama vom Geschäftsmodell der Schwarzgeldkonten verabschiedet, doch die Realität sieht anders aus. Die Luxushotels, das Angebot von Erst- oder Zweitwohnsitzen, die Shoppingcenter mit zollfreien Einkaufsmöglichkeiten, die lasche Steuerpolitik und eine nach Kunden gierende Bankenlandschaft haben eine Atmosphäre geschaffen, in der sich Steuerflüchtlinge pudelwohl fühlen. Der internationale Flughafen wächst, gerade erst wurde ein neues Terminal eröffnet.

Kirche verlangt von Politik, sich auch um Moral zu scheren

Am Sonntag wählt Panama einen neuen Präsidenten. Es geht dabei um die Nachfolge von Ricardo Martinelli, der laut Verfassung nicht erneut antreten darf. Gleichzeitig werden hier politisch die Weichen gestellt, die auch für Finanzminister in Europa interessant sind.

Die katholische Kirche hat vor ein paar Wochen einen prominenten Gast einfliegen lassen, der die Kandidaten daran erinnern sollte, worum es eigentlich geht. Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter war Zeuge eines "Ethik-Paktes", dem sich alle Kandidaten verpflichteten. Wer die Wahl gewinnt, soll demnach Politik machen, die sich ethischen Grundsätzen unterwirft.

Panamas noch amtierender Präsident Ricardo Martinelli gilt als Machertyp. In seiner Amtszeit wurde die erste U-Bahn Mittelamerikas mit deutscher Hilfe fertiggestellt. Vor kurzem eröffnete er mit Bauminister Jose Domingo Arias, seinem Wunschnachfolger, die neue Linie.

Martinelli fuhr eine doppelgleisige Strategie. Einerseits sorgte der millionenschwere Unternehmer mit neuen Sozialprogrammen erstmals dafür, dass auch die armen Bevölkerungsschichten etwas von dem Aufschwung in Panama mitbekommen, andererseits öffnete er das Land für Investitionen jedweder Art. Insgesamt 15 Milliarden US-Dollar investierte Panama während Martinellis Amtszeit in die Infrastruktur. Damit das auch so bleibt, hat Martinelli seine Ehefrau Marta Linares ins Rennen geschickt. Sie soll Arias als Vizepräsidentin dienen. Ob das Duo Martinelli/Linares gewinnen wird, ist jedoch ungewiss.

Jüngsten Umfragen zufolge liefern sich Arias von der Regierungspartei Cambio Democratico und Juan Carlos Varela von der oppositionellen Partido Panamenista ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Auch der ehemalige Bürgermeister von Panama-Stadt Juan Carlos Navarro darf sich Hoffnungen machen. Für den Wahlsieg reicht die einfache Mehrheit, alle anderen Kandidaten sind chancenlos.

Egal wer am Sonntag gewinnen wird, der neue Präsident wird schon bald einen Anruf aus Brüssel bekommen. Europas Finanzminister melden Gesprächsbedarf an. Eine gute Gelegenheit, den unterschriebenen Ethikpakt gleich einmal einem Härtetest zu unterziehen.