Fast jeder Dritte in der Risikogruppe. | Große Schwächen beim Lesen. | Schmied will andere Lehr-, Lern- und Prüfkultur. | Wien. Der Pisa-Test 2006 zeigt ein ähnliches Bild wie jener von 2003. Der größte internationale Schülervergleichstest unter 30 OECD-Staaten und 27 weiteren Teilnehmerstaaten, der am Dienstag präsentiert wurde, zeigt Österreichs 15- beziehungsweise 16-Jährige in den Kompetenzbereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaft im Mittelfeld. In Naturwissenschaft und Mathematik liegt Österreich erstmals über dem Durchschnitt, beim Lesen knapp darunter.
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Beim Lesen erreichte Österreich 490 Punkte (2003 waren es 491 und 2000 noch 492 Punkte).
In Mathematik wurden 505 Punkte (gegenüber 506 im Jahr 2003) erzielt. In der Naturwissenschaft (511 Punkte), die heuer umfangreicher getestet wurde, ergab sich in den mit 2003 vergleichbaren Link-Aufgaben nahezu keine Veränderung (498 Punkte gegenüber 496 vor drei Jahren).
21,5 Prozent (OECD-Durchschnitt 20) der Schüler erreichen beim Lesen nur die unterste Leistungsstufe, beziehungsweise nicht einmal diese. Das heißt, "dass gut jeder fünfte österreichische Schüler gegen Ende der Pflichtschulzeit nur unzureichend sinn-erfassend lesen kann, so dass dadurch das private und gesellschaftliche Leben beeinträchtigt werden kann", beschreibt der nationale Pisa-Bericht die Situation.
Laut Österreichs Pisa-Projektkoordinator Günter Haider wirkt sich die Leseschwäche auch auf Leistungen in anderen Bereichen aus. Die Behebung der Leseschwäche sei "vor allem Sache von gutem Unterrichten". Er sprach sich für eine stärkere Auswahl der Pädagogen durch die Pädagogischen Hochschulen aus.
Bildungsstandards Teil der Lösung
Unterrichtsministerin Claudia Schmied strebt mittelfristig eine gemeinsame universitäre Ausbildung aller Lehrer an. Außerdem sollen die Schulleiter mehr Verantwortung "vor allem auch was das Personal betrifft" erhalten. Einen Zeitrahmen dafür nannte Schmied allerdings nicht.
Insgesamt zeigt die Studie, dass knapp ein Drittel der Jugendlichen in mindestens einem Kompetenzbereich in die Risikogruppe fällt, nur 21 Prozent dagegen in den Spitzenbereich. So haben 16 Prozent "große Probleme, grundlegende Merkmale naturwissenschaftlicher Forschung zu erkennen oder naturwissenschaftliche Argumente von persönlichen Meinungen zu unterscheiden". In Mathematik haben 20 Prozent "große Probleme, einfache mathematische Konzepte in lebensnahen Situationen anzuwenden". Besonders wenige schlechte Mathematik-Schüler gibt es in Finnland (6 Prozent) und Südkorea (9 Prozent).
Die Detailauswertung von Pisa bestätigt, dass Mädchen besser lesen und Burschen besser rechnen können. Bei den Naturwissenschaften gibt es kaum Geschlechtsunterschiede.
Sehr deutlich ausgeprägt ist in Österreich der Einfluss durch den Bildungshintergrund des Elternhauses. Die Leistung von Schülern mit Eltern, die maximal einen Pflichtschulabschluss haben, liegt je nach Kompetenzbereich zwischen 90 und 102 Punkten unter jener von Kindern aus Akademikerhaushalten.
Die OECD sieht eine "sehr starke Benachteiligung" von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Auffällig ist allerdings, dass Migranten der 2. Generation (bereits in Österreich geboren) schlechter lesen als jene der 1. Generation (im Ausland geboren). Die Leseleistung insgesamt liegt bei 490 Punkten, "Einheimische" Kinder kommen auf 499, Migranten der 1. Generation auf 451, der 2.Generation auf 420 Punkte.
Schmied sprach sich für einen Paradigmenwechsel in der Lern-, Lehr- und Prüfkultur aus. Im Unterricht müsse mehr Teamarbeit - vor allem auch unter den Lehrern - stattfinden. Vor allem die hohe Zahl der Jugendlichen in der Risikogruppe gibt der Ministerin zu denken. Sie erwarte sich von den Bildungsstandards, die 2008 kommen sollen, sehr viel.