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Proteste: Polizei in Alarmbereitschaft. | Paris. "Vertrottelt". Das ist, was Mathieu zu den Studentenprotesten einfällt, die sich gegen den CPE - einen Werkvertrag mit gelockertem Kündigungsschutz für Menschen unter 26 - richten. Für den Junganwalt ist der Aufruhr um das neue Gesetz unverständlich, er selbst könne bei seiner Kanzlei jederzeit ohne Angabe von Gründen entlassen werden. Normal, wie er findet: "Im Geschäft haben Sie ja auch ein Rückgaberecht, wenn Sie mit der Ware nicht zufrieden sind." Akademiker begännen normalerweise ohnedies erst um die 25 zu arbeiten. "Und dann haben die meisten zumindest ein Probejahr". Somit sind für ihn genau die Falschen auf der Straße.
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Der CPE wurde nach den November-Krawallen in den Pariser Vororten konzipiert. Die dort grassierende Jugendarbeitslosigkeit war für viele Experten schuld an der ausufernden Gewalt. Mit dem neuen Arbeitsgesetz sollten Unternehmer motiviert werden, verstärkt junge Menschen anzustellen.
Das zwangsweise verschriebene Medikament CPE könnte jetzt zu einem neuen Ausbruch der Krankheit führen. "Sie werden schon sehen: Bald wird es wieder in den Banlieus losgehen", prophezeit Taxifahrer Pierre. "Aus den Banlieus kommen sie nur, um ihre Aggression auszuleben, den Studenten ihre Handys zu stehlen und unsere Autos zu demolieren."
Uni als Festung
Die Pariser Hochschülerschaft hat deshalb Studenten bereits abgeraten, aus der Provinz zur Großkundgebung in die Hauptstadt zu kommen. Die gewalttätigen Trittbrettfahrer machten die Aktion zu gefährlich. Seit Tagen gleicht das Universitätsviertel einer entmilitarisierten Zone. Meterhohe Eisenzäune machen den Zugang zur Sorbonne unmöglich. Schneeräumgeräte und Einsatzfahrzeuge sollen heute, Dienstag, für Sicherheit sorgen, wenn sich die Massen zum nationalen Protesttag einfinden. Für die Gewerkschaften ist die Abwehr des CPE längst zur Prinzipienfrage geworden. Die arbeitsrechtliche Beschneidung ist demnach ein erster Schritt, der auf die gesamte Arbeitswelt ausgeweitet werden soll.