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Paris zählt auf Österreich

Von Klaus Huhold

Politik

Österreichische Offiziere erkunden Lage im Hauptquartier der Zentralafrika-Mission.


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Bangui/Wien. Soba Tibati konnte wegen seines schweren Rheumatismus kaum gehen - und das war sein Todesurteil. Denn als christliche Anti-Balaka-Milizen sein Heimatdorf in der Zentralafrikanischen Republik überfielen, konnte er nicht mehr fliehen. Die Milizionäre köpften Soba Tibati - vor den Augen seines Sohnes, der trotz eines Schusses in den linken Oberschenkel entkommen konnte. Noch zwölf weitere Familienmitglieder wurden massakriert, darunter ein halbjähriges Baby, berichtete Soba Tibatis Sohn.

Das ist nur eine von vielen Augenzeugenschilderungen, die in dem jüngst veröffentlichten Bericht von Amnesty International zur Lage in der Zentralafrikanischen Republik zu finden sind. Das Land versinkt in einem Strudel der Gewalt, Amnesty prangert "ethnische Säuberungen" an, ganze moslemische Gemeinden mussten fliehen. In dem multikonfessionellen Land herrscht Chaos, seitdem das Rebellenbündnis Seleka im März 2013 die Hauptstadt Bangui erobert und vorübergehend die Macht an sich gerissen hatte. Die Seleka-Verbände rekrutierten sich aus Muslimen und haben Gräueltaten an Christen verübt. Nun üben christliche Milizen wahllos Rache und ermorden moslemische Zivilisten.

Amnesty übt dabei scharfe Kritik an den internationalen Truppen, sie hätten die Gewalt gegen Muslime im Westen des Landes nicht verhindert. In Zentralafrika sind knapp über 4000 afrikanische und 1600 französische Soldaten stationiert, die bald um 400 weitere Franzosen verstärkt werden sollen. Der französische Botschafter in Wien, Stephane Gompertz, räumt vor Journalisten ein, dass nicht alle Massaker abgewendet werden konnten. Aber hätte man nicht interveniert, "wäre die Lage noch viel schlimmer. Wir haben bestimmt hunderte, tausende von Leben gerettet. Aber das ist nicht genug."

Die Mission bräuchte "mehr Truppen, mehr Wagen, mehr Hubschrauber", betont Gompertz. Und hier zählt Paris auf die EU, die beschlossen hat, den Einsatz in Zentralafrika zu unterstützen. Laut der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sollen 1000 Soldaten entsandt werden. Gompertz rechnet dabei auch mit einem "sehr begrenzten Engagements" Österreichs.

Österreich wägt Teilnahme an Mission noch ab

Es wurden bereits sechs österreichische Offiziere in das Hauptquartier der Mission in der griechischen Stadt Larissa verlegt. Doch sie wurden lediglich entsandt, "um die politische Führung bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen", sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Außen- und Verteidigungsministerium prüfen derzeit noch, ob eine Beteiligung politisch machbar und strategisch sinnvoll ist.

Es ist ein komplizierter Prozess, bis der EU-Einsatz losgehen kann. Die Union hat sich etwa über die Finanzierung noch nicht gänzlich geeinigt, was die Mission verzögern könnte. So müssen zwar voraussichtlich die am Einsatz beteiligten Ländern die Kosten großteils selbst stemmen. Es ist aber vorgesehen, dass die EU-Staaten zumindest für die Unterbringung der Soldaten in Zentralafrika gemeinsam aufkommen. Hier haben aber laut mit den Verhandlungen vertrauten Kreisen zwei Länder noch nicht ihre Beteiligung zugesagt: Großbritannien und Österreich. "Die gesamten Verhandlungen sind noch nicht beendet, und es gibt noch ein paar Punkte, die zu klären sind", heißt es dazu aus dem Außenministerium. Zu den konkreten Inhalten noch laufender Gespräche will man sich nicht äußern.

Die Finanzierung des Einsatzes dürfte laut Beobachtern aber nicht das große Problem werden - sondern vielmehr die Frage, wer Truppen stellt. Estland hat versprochen, Soldaten zu entsenden, aber sonst halten sich die EU-Länder zurück. Es ist ein gefährlicher Einsatz, bei dem es keine klaren Fronten zwischen den rivalisierenden Milizen gibt, weshalb sich wohl viele Länder lieber auf eine logistische Unterstützung beschränken wollen, als Truppen zu schicken, die ins Feld ziehen.

Klar ist aber auch, dass sich die Zentralafrikanische Republik nicht selbst retten kann. Der Staat existiert kaum mehr, die Regierung kann weder auf eine funktionierende Polizei noch auf ein Militär zurückgreifen, um den mordenden Milizen Einhalt zu gebieten.