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Parkpickerl-Frage spaltet Döbling

Von Nina Flori

Politik

Im 19. Bezirk hat sich eine Mehrheit gegen ein Parkpickerl entschieden - trotz Unmut über die Parkplatznot.


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Wien. Der Döblinger Bezirksvorsteher Adolf Tiller (ÖVP) versteht das Ergebnis der Bürgerbefragung zur Parkraumbewirtschaftung in Döbling nicht. 51,6 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner stimmten gegen ein Parkpickerl. Somit wird der mondäne 19. Bezirk nicht nachziehen - wie Währing Anfang September -, sondern weiterhin ohne Parkraumbewirtschaftung bleiben.

400 Mails habe er bekommen. Auf der Straße hätten ihn die Leute angesprochen und sich über die Parkplatznot im Bezirk beklagt, erzählt Tiller im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Denn seit die flächendeckende Kurzparkzone in Währing eingeführt wurde, hat sich die Parkplatznot im 19. Bezirk, der parktechnisch ohnehin schon durch die vielen Pendler belastet ist, weiter verschärft. Um 2000 Menschen mehr stellen seit Anfang September ihr Auto in Döbling ab. Da müsse etwas geschehen, hätten die Leute zu Tiller gesagt. Deshalb habe man sich für eine Bürgerbefragung entschieden, erzählt er. "Natürlich bin ich jetzt vom ‚Nein‘ enttäuscht. Aber die Befragung ist halt so ausgegangen. Das muss ich zur Kenntnis nehmen. Die Amerikanerinnen und Amerikaner haben auch den Trump gewählt." Trotz "Nein" will Tiller weiter nach Lösungen suchen. "Vielleicht gibt es doch noch die Möglichkeit, Anrainerzonen einzurichten", meint er.

Bisher können Anrainer-Parkplätze nur dann geschaffen werden, wenn ein Bezirk parkraumbewirtschaftet ist. Der ÖAMTC hat jedoch vor einigen Monaten beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) Beschwerde gegen diese Verordnung erhoben. "Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, dass Anrainerparkplätze nach dem Gießkannenprinzip pauschal verteilt werden und nicht konkret geprüft wird, wer tatsächlich Bedarf hat", sagt der ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried.

Hoffnung auf Anrainerparkplätze

So gebe es sogar Anrainerparkplätze in Straßen, in denen sich nur Büroräumlichkeiten finden. Zudem liege eine Ungleichbehandlung einspuriger Fahrzeuge vor, da diese nie in Anrainerzonen parken könnten. Der ÖAMTC kritisiert weiters, dass Anrainerparkplätze auch untertags, wenn die meisten Menschen in der Arbeit seien, niemandem anderen zur Verfügung stehen würden.

Entscheidet der VfGH tatsächlich, dass Anrainerparkplätze wie sie derzeit vergeben werden, mit der Verfassung nicht vereinbar sind, könnte dies dazu führen, dass sie künftig auch ohne bestehender Parkraumbewirtschaftung in einem Bezirk geschaffen werden könnten. "Laut einem juristischen Gutachten der Universität Wien wäre das schon jetzt nach der derzeitigen Rechtslage möglich", sagt Authried. "Wir hoffen, dass dies aus dem Erkenntnis des VfGH hinreichend klar zum Ausdruck kommt." Eine Entscheidung wird im Dezember erwartet.

Ginge es nach dem ÖAMTC, gäbe es für ganz Wien ein zentrales Parkraumbewirtschaftungs-Konzept, das sowohl bei der maximalen Parkdauer, als auch beim Preis eines Parkscheins auf den jeweiligen Standort abstellt. Man wolle schließlich mit der Parkraumbewirtschaftung erreichen, dass die Menschen ihr Auto am Stadtrand stehen lassen und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt fahren, so der ÖAMTC-Jurist. "Deshalb sollte Parken am Stadtrand kostenlos und in der Stadt teurer sein."

Auch der Verkehrsexperte Ulrich Leth von der Technischen Universität Wien hält wenig davon, dass jeder Bezirk selbst entscheidet, ob er eine Parkraumbewirtschaftung einführt oder nicht. "Dadurch entsteht ein Fleckerlteppich. Verdrängungseffekte sind vorprogrammiert. Das ist ein Systemfehler", meint er. Leth spricht sich für alternative Modelle aus, wie etwa ein Drei-Zonen-Modell. "Wir merken jetzt schon, dass in großen Parkpickerlbezirken der Binnenverkehr unterstützt wird." So würden seit September die Währinger von "weiter hinten" nach "vorne" kommen, um dort in Gürtelnähe zu parken. "Warum sollte man das Herumfahren innerhalb Wiens aber fördern, wenn es ein gutes öffentliches Verkehrsnetz gibt?" Leth plädiert für kleinere Zonen, um den Binnenverkehr einzudämmen.

"Nicht jeder ist gleich betroffen"

Hätten bei der Bürgerbefragung in Döbling die Bewohnerinnen und Bewohner kleinerer Zonen, also jener, die besonders unter der Parkplatznot leiden, abgestimmt, wäre es wohl zu einem anderen Ergebnis gekommen. "Die Betroffenheit des Einzelnen ist ja völlig unterschiedlich. Fragt man jemanden, der im 19. in Gürtelnähe wohnt und ständig zugeparkt ist, wünscht er sich das Parkpickerl. Wer hingegen draußen im Grünen wohnt, versteht nicht, warum er für seinen Gratis-Parkplatz zahlen soll", so Leth.

Die Stadt Wien will jedoch in Sachen Parkraumbewirtschaftung bei der Bezirkshoheit bleiben. 62,52 Prozent der Wienerinnen und Wiener hätten sich bei der Volksbefragung 2013 dafür ausgesprochen, sagt Leopold Bubak von der MA65, der Magistratsabteilung für rechtliche Verkehrsangelegenheiten. "Für uns besteht kein Grund, davon abzuweichen." Die Bezirke wüssten schließlich am besten Bescheid.