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Die Fußgängerzone in der Johannesgasse soll ausgeweitet werden, sagen Anrainer. Die Bezirkschefin ist dagegen.
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Wien. Die Debatte rund um das Thema Fußgängerzonen dehnt sich aus - wenn auch nur im Kleinen. Aktuell von der Mariahilfer Straße in den ersten Bezirk. Genauer, in die Johannesgasse. Auch dort wollen Fußgänger nicht hinnehmen, dass sie von den Straßen verdrängt werden, weil Autos immer mehr Raum in den Städten einnehmen. Stichwort: Parkplätze. Die sind den Fußgängern sowieso ein Dorn im Auge.
Was man alles stattdessen mit freiem Platz anstellen könnte: Sitzbänke hinstellen, neue Bäume pflanzen oder einfach nur Platz zum Gehen und Stehen schaffen. Der Kampf Mensch gegen Maschine geht in die nächste Runde. In der Mariahilfer Straße wurde er bereits gewonnen, mühsam aber doch. Jetzt ist also die Johannesgasse in der Innenstadt an der Reihe.
Anfang dieses Jahres stimmten die Innenstadt-Bewohner bereits gegen eine Fußgängerzone im Bäckerstraßenviertel, im Gebiet zwischen Lugeck und Dr.-Ignaz-Seipel-Platz - die "Wiener Zeitung" hat berichtet. Grund für die Befragung waren Anrainerbeschwerden über Autolärm, nächtliche Taxifahrten und herumbrüllende Lokalgäste.
Filmarchiv will 10 Meter mehr
Die ruhige und verkehrsarme Johannesgasse wäre alternativ eine ideale Fußgängerzone, meinen nicht nur manche Bewohner. Dort entsteht nämlich gerade ein neues Filmkulturzentrum: Das Metro-Kino, das seit Jänner 2012 renoviert wird, soll Mitte Oktober dieses Jahres noch vor der Viennale mit einer Ausstellung über die Vor- und Frühgeschichte des Kinos eröffnet werden. Somit wächst die Kulturzone in der Johannesgasse: An das Metro-Kino, die Hauptspielstätte des Filmarchivs Austria, grenzt das ebenfalls durch einen Zubau erweiterte Konservatorium Wien, neben dem sich das ehemalige k. k. Hofkammerarchiv befindet, das bis 2015 zu einem Literaturmuseum ausgebaut werden soll.
Der Direktor des Filmarchivs, Ernst Kieninger, hätte demnach auch nichts gegen eine Erweiterung der Fußgängerzone einzuwenden. Im Gegenteil. Im Moment ist die Fußgängerzone lediglich 52 Meter lang und reicht von der Kärntner Straße bis knapp zum Eingang des Lichtspielhauses. Ungefähr zehn Meter weiter könne sich Kieninger durchaus vorstellen, heißt es aus seinem Büro.
"Stenzel blockt ab"
Die Grünen denken sogar noch einige Meter weiter: "Eine Erweiterung der Fußgängerzone, zumindest bis zur Seilerstätte, wäre eine schöne Ergänzung zur Neueröffnung des Kultur- und Filmzentrums und durchaus finanzierbar", sagt der Klubobmann der Grünen Innere Stadt Alexander Hirschenhauser. Zusätzlich möchte er in der City Begegnungszonen einrichten. Im Klartext hieße das: keine Gehsteige, keine Ampeln, weniger Autos. Als Vorbild gilt beispielsweise Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen, von der Wien noch viel lernen könnte, meint Hirschenhauser. Für ihn sei die Johannesgasse einer der traurigen Fälle, bei denen es wohl nur darum ginge, gegeneinander zu sein. Seine Kritik geht in Richtung Bezirksvorstehung. Diese blocke in dieser Sache ab.
Die Bezirksvorstehung Innere Stadt sieht das Vorgehen Hirschenhausers als pure Wahlkampfoffensive an. Das große Thema sei nicht die Johannesgasse, heißt es, sondern die Umsetzung der Bewohnerparkplätze, die bereits ausverhandelt sind. Diese hätten absolute Priorität. Es ginge hier um über 800 Parkplätze, die den Bewohnern der Inneren Stadt zugesichert wurden. 2015 sollen 950 zusätzliche Parkplätze markiert und beschildert werden. "Das ist das brennendste Thema für die Bewohner", sagt die Sprecherin der Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel.
Jüngere Bewohner in der Johannesgasse, wie die 25-jährige Anna, hätten größtenteils "nichts dagegen", wenn hier eine Fußgängerzone entstehen würde: "Das ist hier sowieso eine Sackgasse und ich kann eh nicht direkt vor der Haustüre parken." Das können sich die älteren Bewohner in der Johannesgasse nicht so ganz vorstellen: "Was wir brauchen, sind Parkplätze für Anrainer, und zwar in unmittelbarer Nähe", sagt Charlotte, 64. Ihr Mann, Peter, 73, wäre zumindest für eine verkehrsberuhigte Straße: "Wie sollen wir älteren Leute sonst nach Hause kommen oder Einkäufe transportieren?"
Die Geschäftsleute und Gastronomiebetriebe in der Johannesgasse sind sich ebenfalls nicht einig, wenn es um die Frage nach einer Fußgängerzone geht. Der Betriebsleiter des Lokals Bettel-Alm, Michael Zehetner, ist gegen eine Fußgängerzone.
"Wir leben von den Wiener Gästen hier unten. Wir sind ja doch etwas weiter entfernt von der Kärntner Straße und hierher kommen die Leute mit den Autos. Wenn jetzt alles autofrei wird, wie viele Leute kommen dann von der Kärntner Straße hinunter?"
Wenn es nach ihm ginge, soll es so bleiben, wie es ist. Auf den Vorschlag, dass die Wiener weniger mit dem Auto und öfter mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sein könnten, meint der Betriebsleiter: "Das können die machen, die im Rathaus sitzen, andere wollen noch mit ihrem Auto fahren." Sinan, Kellner in der Pizzeria La Piazza, sieht das gänzlich anders und meint, es wäre "natürlich besser ohne Autos". Er glaubt, dass die Pizzeria mit einer Fußgängerzone sogar mehr Geschäft machen würde.
Ablenkungsversuch?
In der Bezirksvorstehung zeigt man sich unterdessen verwundert über das Verhalten von der grünen Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou, die noch immer nicht die Markierungen und Beschilderung der zugesicherten Parkplätze in Auftrag gegeben habe. Man werde den Verdacht nicht los, dass man diese Parkplätze nicht umsetzen möchte und stattdessen andere Themen erfinde. Es gebe eine klare Prioritätenreihung, die dürfe man nicht übergehen, betont Stenzel.
Sie stehe auf jeden Fall hinter den Forderungen der City-Bewohner. Diese hätten kein Ansuchen um eine Erweiterung der Fußgängerzone eingereicht. Eine Fußgängerzone, die aber laut dem Büro Vassilakou "durchaus Sinn machen würde".