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Anläßlich des 88. Internationalen Frauentages am 8. März lud der Österreichische Frauenring ins Parlament.
Schwerpunktthema der Veranstaltung, bei der mehr als 70 Frauenorganisationen ihre Aktivitäten in der Säulenhalle des Hohen Hauses darstellten, war "Die Einkommenssituation der Frauen in
Österreich" · immerhin verdienen Frauen noch immer um ein Drittel weniger als Männer.
Nationalratspräsident Heinz Fischer zeigte sich erfreut darüber, daß der Frauentag heuer erstmals im Hohen Haus seinen Schwerpunkt fand. Damit würde ein Beitrag dazu geleistet, um auf bestimmte
Themenbereiche und Probleme verstärkt hinzuweisen sowie frauenpolitische Anliegen voranzutreiben.
Einerseits gehe es um erkämpfte Frauenrechte, andererseits darum, neue Ziele zu formulieren, betonte Frauenministerin Barbara Prammer vor versammeltem Publikum. Der Widerstand der Männer werde nicht
kleiner, wenn über eine Umverteilung der Rechte, der Pflichten, der Arbeit, der Einkommen und der Macht diskutiert werde. Das erkenne man daran, daß manche Politiker Frauen wieder sehr gerne in die
Kinderzimmer zurückschicken und auf ihre traditionellen Rollen beschränken wollen.
Die Frauen haben ein Recht auf einen Job, von dem man leben kann, unterstrich die Frauenministerin, denn die "lässigen Supermuttis und Powerfrauen" gebe es nur in den Zeitschriften; sie entsprechen
jedoch nicht der Realität.
So müsse auch das Karenzgeld ein Ersatz für entfallenes Einkommen bleiben, damit Frauen in Beschäftigung gehalten und ihnen Karrierechancen geboten werden.
Der Frauentag sei auch Anlaß, weltweit Frauenrechte einzumahnen und gemeinsam gegen die Unterdrückung der Frauen in Afghanistan und gegen die Beschneidung von Frauen in Afrika einzutreten, betonte
Prammer.
Die Vorsitzende des Österreichischen Frauenringes, Linda Hofbauer, wollte die Veranstaltung auch als "Signalwirkung" verstanden wissen, sich vermehrt Frauenthemen zu widmen.
Dem Frauenring gehören Vertreterinnen der ins Parlament gewählten Parteien, die Frauenorganisationen der Gewerkschaften und der Wirtschaft, der Katholischen und Evangelischen Kirche und
Vertreterinnen autonomer Frauengruppen an.
Eines der Highlights neben der Informationsmesse war sicherlich das Referat über die Einkommenssituation der Frauen in Österreich, gehalten von Gabriele Schmid aus der Abteilung Sozialpolitik der
Arbeiterkammer Wien. Die Einkommensdifferenzen zwischen Männern und Frauen von einem Drittel seien unabhängig von Ausbildung, Beruf oder Branche, unterstrich Schmid.
Sehr auffällig sei aber, daß der Einkommensunterschied mit zunehmendem Alter größer werde: So würden Frauen vom 21. bis zum 24. Lebensjahr 81 Prozent der Männereinkommen verdienen · Frauen von 40 bis
44 jedoch nur mehr 63 Prozent. Diese Einkommensschere drohe, noch weiter auseinanderzudriften, betonte die Expertin.
Die Verringerung dieser Unterschiede könne ihrer Ansicht nach nur gelingen, wenn Schritte zur Umverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern gesetzt werden. Als
Beispiele nannte Schmid die partnerschaftliche Verteilung der Versorgungsarbeit, die betriebliche und außerbetriebliche Frauenförderung sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und
Männer. Deutlich werde laut Schmid bei den oben angeführten Zahlenwerten der Karriereknick der Frauen durch eine Schwangerschaft. Eine Chance zur Verbesserung der Situation wäre die Schaffung
finanzieller Anreize, um Männer zur Kinderbetreuung zu motivieren sowie einen Rechtsanspruch auf Teilzeitkarenz zu schaffen, erklärte Linda Hofbauer.
Zu Verbesserung der Einkommenssituation seinen vor allem Maßnahmen im Bildungsbereich sehr wichtig, so die Vorsitzende des Frauenrings.
Der Frauentag wurde 1911 in Kopenhagen beschlossen und von der UNO als Gedenktag anerkannt, sein Ursprung geht aber in das Jahr 1908 zurück. Damals fand der erste Frauentag in den USA statt.
Arbeiterinnen hatten höhere Löhne, den Acht-Stunden-Tag, das Verbot der Kinderarbeit und das Wahlrecht gefordert. In Deutschland, den Niederlanden und in Österreich wurde der erste organisierte
Frauentag im Jahr 1911 begangen. Soziales Elend und wirtschaftliche Not trieben Sozialdemokratinnen damals auf die Straße, um auf die ausweglose Situation der Frauen aufmerksam zu machen.
Das Wahlrecht haben die Frauen in Österreich 1918 erreicht. Die Gleichbehandlung läßt auch 1999 · zumindest in der Praxis · noch in vielen Bereichen auf sich warten.Õ