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Parlamentarier fordern Reformen des EU-Haushalts. | Schulz: Kompromiss ist noch nicht durch. | Schüssel muss weiter verhandeln. | Straßburg/Wien. Die Töne waren schon rauer. Noch in der Vorwoche lehnten EU-Parlamentarier die ersten Vorschläge zum Finanzrahmen vehement ab: Von inakzeptablen Plänen und "blanker Erpressung" durch die Briten war die Rede. Nach der Einigung der EU-Staats- und Regierungschefs auf den Unionshaushalt sind die Beurteilungen milder.
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"Ein Kompromiss ist besser als das Scheitern der Verhandlungen", erklärte der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei (SPE) im EU-Parlament, Martin Schulz. Dennoch sei der Vorschlag noch nicht "durch". Und dass es von Seiten der Abgeordneten "erhebliche Widerstände" geben werde, sei "sehr realistisch". Immerhin sei der in Brüssel erzielte Kompromiss lediglich der Vorschlag des EU-Rates. "Die EU ist kein permanenter Wiener Kongress, wo den Untertanen die Entscheidungen lediglich mitgeteilt werden", sagte Schulz, um die Rolle des Parlaments zu betonen. Mit diesem müsse Bundeskanzler Wolfgang Schüssel während der österreichischen Ratspräsidentschaft daher verhandeln.
Entscheidende Struktur
Entscheidend werde dabei der Reformwille der EU-Staaten sein, erklärte der SPE-Fraktionsvorsitzende. Bei der Beurteilung des Finanzrahmens sei die "Struktur des Haushalts" wichtig. Seine Fraktion werde prüfen, ob die Finanzen für Wirtschafts- und Sozialreformen, Forschung sowie die Entwicklung des ländlichen Raums eingesetzt würden, stellte Schulz fest - ohne sich auf Budgetzahlen festlegen zu wollen.
Ähnlich äußerte sich der Vizepräsident der größten Fraktion im EU-Parlament, der Europäischen Volkspartei (EVP). Laut Othmar Karas fehle dem Budgetvorschlag des Rates die Zukunftsperspektive. Die von den Abgeordneten aufgestellte Forderung nach Modernisierung des Haushalts sei nicht erfüllt. "Das Damoklesschwert einer Ablehnung der Ratsposition ist noch nicht beseitigt", meinte Karas.
Mehr Geld verlangt
Der von den EU-Staats- und Regierungschefs ausverhandelte Ausgabenrahmen - 862 Milliarden Euro - liegt weit unter den Vorstellungen von EU-Kommission und -Parlament. Eine Billion Euro wollte die Kommission, knapp 975 Milliarden Euro wünschten sich die Abgeordneten. Diese müssen nun über den Finanzplan abstimmen.
Die ersten Debatten - sowie eine Resolution des Parlaments - sind zwar bereits für Jänner geplant. Doch das Votum im Plenum steht frühestens im Februar, wahrscheinlich aber im März an. Sollte der Finanzrahmen abgelehnt werden, muss das Budget der EU entweder jährlich auf der Basis des jeweiligen Vorjahres fortgeschrieben werden. Oder die Abgeordneten kündigen die "interinstitutionelle Vereinbarung" zwischen Kommission, Rat und Parlament auf und bestimmen selbst die jährlichen Ausgaben.
Von einer Ablehnung möchte aber derzeit kaum jemand ausgehen - auch wenn es unzufriedene Stimmen gibt. Das EU-Parlament ist schon manchmal "als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet", formulierte es ein Europaabgeordneter.